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Kerze der Erinnerung. Das Tajmyr-Gebiet in den Jahren der politischen Verfolgung. Erinnerungen

Maria Iwanowna Zwetzich (Bruhl). In Nikandrowsk erkrankten alle an Skorbut

Geboren 1927 an der Wolga. 1941 wurde die Familie in die Region Krasnojarsk verschleppt, in die Ortschaft Michajlowka, Bezirk Irbej. 1942 gerieten sie zur Sonderansiedlung in die Region Tajmyr. Leben heute in er Siedlung Ust-Port, Ust-Jenisejsker Bezirk.

Unser Vater starb 1933 an der Wolga. In der Region Krasnojarsk trafen wir zu dritt ein: ich, meine Schwester Emma und unsere Mama. Mama war ständig krank. Acht Monate später brachte man uns in den Norden. Das war am 1. Juni 1942, aber sie sagten uns darüber erst am 30., 31.Mai bescheid. Wir waren einen ganzen Monat auf einem Leichter unterwegs, der beimBugsierschiff „Molotow“ im Schlepptau war. Alle wurden in der Siedlung Karaul, Ust-Jenisejsker Bezirk abgeladen, und dann auf die einzelnen Fischfangstaionen verteilt. 56 Personen, darunter auch ich, kamen in die Siedlung Nikandrowsk. Im April 1943 starb unsere Mama – sie war 45 Jahre alt. Meine Schwester und ich blieben allein zurück. Emma war achtzehn, ich fünfzehn Jahre alt.

In Nikandrowsk erkrankten alle an Skorbut. Von 56 Menschen blieben 45 am Leben. 11 waren im ersten Winter gestorben, unter ihnen auch meine Altersgenossen. Ein Junge beschloß zur Mutter nach Sibirien zu fliehen, er erfor unterwegs. Während der schweren Schneestürme zogen die Mädchen sich Erfrierungen zu, eine von ihnen wurden nie wieder gefunden. Ich arbeitete als Fischerin, meine Beine taten ständig weh. Man behandelte uns mit Tannennadelsud.

1947 wurden 20 Leutre in die Siedlung Ust-Port angefordert. Ich kam dort in eine Brigade von Ladearbeitern bei der Fischkonservenfabrik. Alle möglichen Arbeiten mußte ich dort verrichten: Wände verputzen, den Boden mit der Spitzhacke bearbeiten, Kohle schleppen. Hier in Ust-Port heiratete ich. Mein Ehemann Alexander Andrejewitsch Zwetzich wurde an der Wolga geboren; er stammte aus einer großen, kinderreichen Familie. Die Mutter starb nach der Geburt des zehnten Kindes. Der Vater kam 1943 im Tajmyrgebiet durch Hunger ums Leben. Er wollte die Nähmaschine gegen Lebensmittel eintauschen. Aber seine Kraft reichte nicht einmal, um die Maschine ein wenig anzuheben. Die Kinder wurden von der äöltesten Schwester großgezogen.

Aufgezeichnet in der Siedlung Ust-Port im April 1991


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