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L.O. Petri, V.T. Petri . Wahre Begebenheiten aus dem Tajmyr-Gebiet

Meine Evakuierung von Moskau nach Engels

Offenbar hatten sie mich doch erwartet; sie wußten nur nicht, wann genau ich dort auftauchen würde. Von meiner Abreise aus Moskau hatte ihnen jedenfalls Tante Maljuscha per Telegramm Mitteilung gemacht. Hier an der Wolga merkte ich, dass das Kriegsgeschehen noch nicht bis hierher gelangt war: die Beleuchtung wurde nicht ausgeschaltet, bislang (das war Ende Juli) waren auch noch keine Lebensmittelkarten eingeführt worden, es wurde weißes Brot aus Milch und Eiern verkauft und abends wurde imPark getanzt. Das Einzige, woran der Krieg bereits zu spüren war, waren die verwundeten Soldaten in den Hospitälern, die man provisorisch in den Schulen eingerichtet hatte.

Der Krieg führte alle Verwandten mütterlicherseits an einem Ort zusammen – in Engels. Die erste Etage des zweigeschossigen Backsteinhauses mit den drei Fenstern war vollständig von „den Wagners“ belegt: Großmutter (Mutters Mutter), Tante Erna (Mamas Schwester, Direktorin an der Schule N° 13), Onkel Kolja (Tante Ernas Mann, überzeugter Kommunist; er arbeitete im Ministerium für Aufklärung der Deutschen Republik und war Lehrer), Onkel Witja (Mamas Bruder, Mühlendirektor), Tante Marusja (seine Frau, Bibliothekarin), Ninel (Onkel Witjas Tochter, geb. 1930), meine Mama (Lehrerin, geb. 1898), Minna (Mamas Schwester, Lehrerin, geb. 1919), Lusja (Tante Ernas Tochter, Feldscherin, geb. 1919), Anwer (Sohn von Tante Berta, die 1938 in Baku verhaftet worden war, geb. 1930), Onkel Wolodja (Mamas Bruder, befand sich im Neurologischen Krankenhaus in Saratow), Onkel Kolja (Mamas Bruder, Schiffbauer, befand sich im Neurologischen Krankenhaus in Saratow, geb. 1923) und ich – Leo (der gerade die 7. Klasse beendet hatte, geb. 1926). So eine „Kolchose“ befand sich also im August 1941 bei „den Wagners“ in Engels unter einem Dach, und kein Mensch hätte geglaubt, dass wir hier nur noch wenige Wochen verbringen sollten. Bei einer meiner Fahrten nach Saratow gab ich meine Papiere am Werkzeugmaschinenbau-Technikum ab, womit ich gleichzeitig auch Onkel Karls Wunsch und die einvernehmliche Entscheidung des Verwandten“-Rates erfüllte; ich machte mir das Recht zunutze, mich als bester Schüler, ohne weitere Aufnahmeprüfung, am Technikum einzuschreiben.


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