Nachrichten
Unsere Seite
FAQ
Opferliste
Verbannung
Dokumente
Unsere Arbeit
Suche
English  Ðóññêèé

Heinrich Heinrichowitsch Batz

Städtische budgetierte Bildungseinrichtung
Allgemeinbildende Oberschule ¹8
660095, Stadt Krasnojarsk, Kommunal-Straße, 12 - Fax 8(391)201-19-01

Ausgeführt von den Schülerinnen der Klasse 11 b der
Allgemeinbildenden Oberschule ¹8
Eleonora Julina
Aigon Abasowa

Leitung:
Geschichtslehrerin
Valentina Anatoljewna Kowalenko

Anmerkung

Die vorliegende Arbeit schildert grundlegende Etappen im Laben des Heinrich Batz- von seiner Kindheit bis in seine letzten Tage, und spiegelt die hellsten Errungenschaften in Kunst und Literatur wider. Die Genre- und Themenvielfalt, den unverwechselbar kreativen Stil, die lebendige Wiedergabe der künstlerisch-ästhetischen Ansichten des Schriftstellers, seine lebensbejahende Philosophie und andere Besonderheiten der Prosa von H.H. Batz.
Gleichzeitig wird sein klarer, aber schwieriger Lebensweg aufgezeigt.
Es wird darüber berichtet, wie der Krieg zum Wendepunkt in seinem Leben und seine ethnische Zugehörigkeit zur «Bremse» in der Entwicklung seines Schaffens wurde.
Die Arbeit beinhaltet drei Bilder von H.H. Batz.
Die Arbeit wurde mit dem Programm OpenOffice.org 3.1. erstellt.
Sie umfasst 12 Blätter, 3 Illustrationen,11 verwendete Literaturquellen.

Inhalt

Anmerkung 2
Inhaltsverzeichnis 3
Lebensabschnitte 4
«Der Beginn eines neuen Lebens» 7
«Über die Erinnerung» 11
Schlussbemerkung 12
Bilder (Ç) von H.H. Batz 13
Literaturangaben 14

Lebensabschnitte

Heinrich Batz wurde im Januar 1928 geboren, an einem Tag, der in die Geschichte unter dem unfreundlichen und deprimierenden Namen - «Blutsonntag», einging, und und so manches ereignet sich an diesem 22. – allerdings in verschiedenen Jahren. Sein Großvater mütterlicherseits sagte ihm vom ersten Tag an voraus, dass er einmal Geistlicher werden würde. Der Vater hingegen hatte eine andere Meinung: er war davon überzeugt, dass aus ihm mit derart langen Händen sicherlich ein Dieb werden würde.

Geboren wurde er in einem gewöhnlichen deutschen Wolga-Dorf. Es zählte etwa 2000 Höfe. Und es gab in dieser Ortschaft: eine lutherische Kirche, ein Volkshaus, einen Dorfrat, ein Postamt, ein Kinderheim, zwei Grund- und eine Mittelschule und hinter dem Dorf — eine Dampfmühle und eine Obstplantage. Das Dorf lag an einer hohen, fröhlichen Stelle. Und am Abstieg zu den privaten Gärten befand sich ein riesiger, eingezäunter Friedhof.

Auf Deutsch hieß das Dorf Alt-Warenburg, auf Russisch Priwalnaja. Eine derart merkwürdige Bezeichnung wurde durch die Legende gerechtfertigt, dass angeblich die ersten Deutschen, die 1763 nach Russland kamen, an diesem Ufer mit Barken oder Flößen anlegten. Großimperatorin Katharine reichte Europa ihre großzügige Hand: sie erbaute «Narym und Magadan» im 18. Jahrhundert an der olga für Deutschland, England, Frankreich, Österreich und die Schweiz. Aber auch Etappen von Randalieren und Unruhestiftern der europäischen Ruhe gelangten in den Osten, in die rauen und wilden Wolgasteppengebiete...

In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, änderte man in der Bezeichnung einen einzigen Buchstaben, um den deutschen Geist aus der ehemaligen Autonomie der Minderheiten zu tilgen. Und so wurde aus Priwalnaja bis zum heutigen Tag «Priwolnaja».

Aber, wie es so schön heißt, kann man sich seine Eltern nicht aussuchen, und auch den Ort, an dem man geboren wird, nicht. Diese ersten hellen, ungetrübten Tage konnte er in seiner Erinnerung natürlich nicht bewahren. Und später trug ihn das Schicksal durch die exotischen Weiten Russlands, durch Landstriche, Wildnis, auf Wasserwegen und über Straßen und Wege.

Er war gerade einmal drei Jahre alt, als die Eltern in die Stadt Engels – das einstige Pokrowsk – umzogen und alles daransetzten, um aus ihm einen Städter zu machen. Doch überraschenderweise gelang es ihnen in all den Jahren nicht, dies zu erreichen, weder mit Peitsche noch mit Zuckerbrot. Aus ihm – dem ländlichen Sauerrahm – ließ sich keine städtische Tafelbutter machen. Man sieht, dass es ihm schon im Blut mitgegeben wurde...

In der Schule trieb er ruhmreich mit Schandtaten herum, obwohl man hier anmerken muss, dass er ein guter Schüler war, und die Eltern besuchten die Lehrerin nicht nur einmal Zuhause; noch öfter wurden sie allerdings in die Schule bestellt. Als er neun Jahre alt war, besuchte er einen Zeichenkurs im Pionierpalast der Polarstadt Turuchansk. Mit der Familie war er 1941 aus der Heimat in den Turuchansker Bezirk der Region Krasnojarsk verschleppt worden. Eines Tages verlangte es die Seele nach Ausdruck in etwas Monumentalem. Heinrich erzählte:

- Auf den Ofen habe ich große Profile von Lenin und Stalin gemalt. Marx und Engels fanden dort keinen Platz mehr. Die Mutter kam von der Arbeit, sah das und sank auf einen Hocker nieder. Sie sagt: «Söhnchen, das hast du sehr schön gemalt. Aber nun denk doch mal – wir werden sie weiß überstreichen, übertünchen werden wir sie. Sie werden uns einsperren». Und ich hatte das ja nicht nur mit dem Bleistift gezeichnet. In der Nähe, bei Nischnaja Tunguska, gab es eine Graphitmine, an der nach dem Abtransport Stäbe zurückgeblieben waren. – Mit denen zeichnete ich. Es war schwierig, ein solches Kunstwerk zu übertünchen. Aber es ging gut aus.

Eine derart offensichtliche Lektion in politischer Bildung erhielt Heinrich Heinrichowitsch im Jahr 1937. Vielleicht war dieser Zufall, vielleicht auch die Situation der deutschen Familie aus dem europäischen Teil der Sowjetunion, die nach Sibirien geraten war, dafür verantwortlich, dass sein Interesse für jedwede politische Aktivität für immer abgewendet wurde. Und auch unter Batz‘ Vorfahren sind keine politischen Akteure zu finden. Batz‘ erster Vorfahr mütterlicherseits tauchte 1763 in Russland auf und war Schuhmacher. Die nachfolgenden Generationen waren lückenlos Landbewohner, bei denen an erster Stelle die Arbeit kam und alles andere zweitrangig war. Seine Biografie versuchte ihn in eine anständige Gesellschaft einzufügen, aber... Unter den Wellenkamm des Jahres 1937 geriet sein 68 Jahre alter Großvater. Und als er in die 7. Klasse kam, brach über ihn – und nicht nur über ihn – der Große Vaterländische Krieg herein. Und zu der Zeit, als das gesamte sowjetische Volk gen Westen strebte, zur Verteidigung der sozialistischen Errungenschaften, zum Schutz des Landes, da warf der Krieg sie, die Deutschen, in den Osten, nach Sibirien und Kasachstan. Den Vater nahmen sie, wie alle Deutsche, nicht als Frontkämpfer an. Ein solcher, äußerst spürbarer Affront gegen die ganze Nation war merkwürdig und unverständlich: im Bürgerkrieg hatten die deutschen Regimenter glänzend, sowohl gegen die Deutschen und die Polen gekämpft, und mit der Ersten Kavallerie waren sie Batka Machno gefolgt. Und jetzt, nach 24 Jahren Sowjetmacht, hatte man plötzlich kein Vertrauen mehr zu ihnen...

Und es war so, als hätte ihm seine Großmutter vor der großen Umsiedlung in den Osten etwas eingeflüstert. Irgendeine unbewusste Vorahnung zog ihn in sein Heimatdorf. Und er riss von Zuhause aus. Es gab keine Aufregung – der Krieg, die Scham um den Ausschluss der Nation, das unbekannte Morgen, und dieser Unsinn, dass der Sohn geflohen war! Umso mehr, als man das von ihm überhaupt nicht erwartet hätte. Der Zufall wollte es, dass er drei Tage vor der Ansiedlung zurückkehrte und sich für lange 50 Jahre von Priwalnij verabschiedete. Ob das gut oder schlecht war – Schicksal eben!...

Die Region Krasnojarsk – mit ihr quälte er sich sein weiteres, bis an den Rand mit Erlebnissen und interessanten Dingen gefülltes Leben herum. Es begann mit dem Scharypowsker Bezirk.

In der Ortschaft Nikolskoje, anschließend in Dubinino, beendete er die siebte und letzte Klasse. Hier wurde er in die Komsomolzen-Organisation aufgenommen. Aber als Deutscher erhielt er kein Dokument, das dieses Vertrauen bekundete. Wie oft würde er noch über diesen Erdhügel im fauligen Sumpf stolpern müssen! Und du konntest das Pech haben, ohne in irgendeiner Weise an deine Zukunft zu denken, gedankenlos als Bürger eines großen Imperiums geboren zu werden, welches nicht deiner Nationalität entsprach! Aber das Glück ist — leider! – kein Sklave, den man am Kinn nach unten ziehen kann.

Eine großartige Sache — der Anfang! Ende 1941 beerdigten sie die Großmutter. Zu seinem Geburtstag 1942 erhielt er ein weiteres «Geschenk»: Der Vater wurde in die Trud-Armee mobilisiert, an die Arbeitsfront, die man ein Vierteljahrhundert später als GULAG bezeichnen wird. Verabschieden konnte er sich nicht von ihm — er befand sich mit dem Rechenschaftsbericht der Dorf-Konsumgenossenschaft gerade im Bezirkszentrum. Die Mutter brachte dem Vater bei der ersten Gelegenheit ein wenig Wäsche und Lebensmittel als er und seine Schwester sich in der Schule aufhielten. Sie kehrte mit der letzten Ermahnung des Vaters zurück: «..., dass sie lernen und aufrechte Menschen werden sollten». Niemand von ihnen sah ihn jemals wieder — er kam 1943 beim Holzeinschlag an der Station Reschoty ums Leben. In einem Brief erhielten sie über Bekannte Kenntnis von seinem Ableben. Es geschah im Winter. Damals war die Leitung nicht bereit, auf Batz‘ Anfrage zu reagieren. Und erst nach 50 Jahren, nach viel Ärger und langwieriger Korrespondenz, händigte man ihm schließlich ein «Dokument» aus, in dem ein Todesdatum des Vaters im August bescheinigt wurde.

Niemand entging dem Krieg, alle waren vor ihm gleich. 1944, im Herbst, als der Fluss zugefroren war, ertrank die ältere Schwester in der Jenissei-Niederung, danach verstarb im Polarkreis das Onkelchen... Aber kehren wir noch einmal ins Jahr 1942 zurück.

Mit seinen vierzehn Jahren war er bereits Berufsjäger. Das bedeutet, dass er von der Genossenschaft einen Plan zur gewerbsmäßigen Jagd auf Pelztiere erhalten hatte, vorwiegend Eichhörnchen, und somit monatelang in der Taiga leben durfte. Es herrschten Kriegszeiten, und die Beschaffung von Fellen kam der Aufgabe an der Front gleich. Diese «Front-» Abhärtung wahrte er sein Leben lang. Er gab sich in allen Dingen, die er tat, mit ganzem Herzen hin.

Mitte der fünfziger Jahre übernahm er die Leitung einer Farm für Pelztierzucht. Bereits im zweiten Jahr seiner der Tätigkeit wurde er aufgrund der Ergebnisse zum All-Russischen Treffen der Pelztierzüchter nach Moskau geschickt.
Ja, eine großartige Sache, - ein Anfang! Aber im Raum Scharypowo hatte er keine Chancen sich wirklich zu profilieren. Bei einem Familientreffen wurde beschlossen, zusammen mit den Verwandten – Onkelchen und Tantchen -, die ins Ungewisse deportiert werden sollten, fortzugehen. Auf diese Weise gerieten sie aus heiterem Himmel in den hohen Norden, in die unmittelbare Nachbarschaft des Polarkreises.

2 Jahre — in der Kolchose «Ost» in der Siedlung Suchaja Tunguska, 14 Jahre — in Seliwanicha, 16 Werst unterhalb von Turuchansk am Jenssei gelegen, in der Swerdlow-Kolchose, 7 Monate — im regionalen Krasnohjarsker Tuberkulose-Fürsorgezentrum. Später — im Daurischen Bezirk: Derbino, Tulupta, Schachabaicha. Aufgrund der Überflutung der letztgenannten Siedlung durch das Krasnojarsker Staubecken — begaben sie sich erneut auf die Flucht.
Wenn man bedenkt, dass zwei Umzüge einem Feuer gleichkommen, wie viele Male ist er dann schon bis auf die Grundmauern abgebrannt?! Und zu alldem kommen noch die außerplanmäßigen Fahrten nach Tuwa, Ussinskoje, Moskau, Tajoschnoje, Stalingrad, Donezk, Moldawien, Leningrad, Tjumen, Igarka... also — ein Vierteljahrhundert. Ein solches Kaleidoskop würde jeden Reiselustigen vor Neid erblassen lassen.

Wenn Sie sich all das vorstellen, was sich dem äußerst neugierigen und bis zur Besessenheit wissbegierigen Herumtreiber und Nomaden eröffnete, werden Sie sicher verstehen, dass er überhaupt nicht umhinkonnte, ein Künstler, ein Schriftsteller zu werden. Ganz allmählich, mit jedem Tag, wuchsen der Drang nach Kunst als auch der unbändige Wunsch, all das, was er erlebt, was das Los ihm beschert hatte, mit allen anderen zu teilen, in Heinrich an. Natur, Arbeit, der Umgang mit den Menschen...

Seine Berufstätigkeit begann in der Ortschaft Seliwanicha, mit 14 Jahren fing er an in der Kolchose zu arbeiten, war hauptamtlicher Fischer, Jäger, Tierzüchter. Anschließend war er als Ofensetzer, Zimmermann, Kolchosbauer (1942—59), Waldarbeiter (1959—85) tätig. Mitglied der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (1995) - ab 1967 lebte er in der Ortschaft Otschury, Altai-Bezirk, Chakassien. Lange Zeit arbeitete er als Forstaufseher in der Otschursker Schonung.

Aktiver Fischer, Jäger, Zimmerer und Tischler, Geldbote und Lehrer, Ofensetzer sowie Boots- und Yachtbauer, Tierzüchter und Kutscher, stellvertretender Direktor der Sowchose im Wirtschaftsbereich, Leiter der Zentral-Abteilung, und in der Waldwirtschaft «der hölzerne Schlosser», Holzfäller und zu all dem auch noch Liebhaber kulinarischer Genüsse und Hobbykoch.

«Der Beginn eines neuen Lebens»

Ein normaler Mensch kann all das nicht in sich aufnehmen und mit einer solchen Bürde leben. Es braucht eine Entlastung, sonst «fliegt einem das Dach davon» mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Dabei hatte alles so harmlos angefangen: mit einem Bleistift, Farben, einem Fotoapparat, einem Heft, einem Schreibstift – und es ging bis zu Ausstellungen, einer Schreibmaschine und Büchern. Und so geschah es, dass er seine erste Geschichte auf der Schwelle der Kolchose zum Produktionsstaat schrieb, die ein Krasnojarsker Verlag im Almanach «Trollblumen» veröffentlichte.

Und es ging los mit Erzählungen, Zeitungsartikeln, Publikationen in kollektiven Sammelwerken, zonalen Seminaren für angehende Schriftsteller in Maina, Tschermuschk, Krasnojarsk, Diwnogorsk, Abakan. Begegnungen mit den Meistern der Literatur: Viktor Astafjew, Sergej Michalkow, Anatolij Iwanow und vielen angehenden talentierten Prosaikern und Poeten Russlands.

Chakassien. Die Ortschaft Otschury. Das Ufer des Jenisseis — zwischen Sjanogorsk und Schuschenskoje. Von Osten her nähert sich ein Birkenwäldchen, während von Westen her die drei Werst lange Dorfstraße im Kiefernwald endet. Fast zwanzig Jahre hat er der Arbeit in der Forstwirtschaft gewidmet. Baumschule, Baumpflanzungen. Achthundert Hektar kultivierter Wald in der Steppe, die aufgrund der Abtragung des Ur-Bodens nicht mehr als Ackerland genutzt werden können. Mit den Arbeitern hatte er auf dem Brachland eine solche, allrussische Neuland-Kampagne eingeleitet, und die Winderosion vollendete ihre kriminell-ungeschickte Einmischung.

Man muss sagen, dass sein Übertritt vom Lebensmuster eines Nomaden zum Sesshaften keineswegs das Ende seiner endlosen Wanderschaft bedeutet. Bereits in Chakassien, wo er mehr als 30 Jahre hängenblieb, führten seine Fahrten auf dem Motorrad, im Auto, auf der Segeljagd, im Flugzeug, Schiff und Zug ihn mal nach Tuwa — zum Satikowo-See, mal zu den kalten Radon-Quellen am Schiwilig-Pass, in den Turuchansker Norden, auf die Krim, nach Saratow, ins ferne Priwolnoje, in das Haus, in dem er geboren wurde, und in die Kirche, in der er die Taufe empfing, und wieder endlose Entdeckungen, wieder – Bilder, Video-Aufzeichnungen, wieder Erzählungen, Romane und Novellen. Großvater und Vater hatten Recht gehabt: aus ich war sowohl ein Pope als auch ein kleiner Dieb geworden. Er treibt sich in der Welt herum, schaut, belauscht alles, was ihm auf seinem Weh begegnet, bringt es dann auf die Leinwand, auf Papier und gibt es als sein eigenes Ich aus. Er hat ein Händchen dafür!

Die Werke scheinen von den Verlagen akzeptiert zu werden — dem Krasnojarsker, dem Moskauer «Zeitgenossen», dem Nowosibirsker, dem in Alma-Ata. Aber sie schicken alles zurück. Immer wieder diese grüne Blase im fauligen Sumpf. Die Machthaber und nationalen Sicherheitsstrukturen befinden sich immer noch im Zenit der Macht und haben, wenn auch nach dem Gesetz der Trägheit, das letzte Wort in allen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und anderen Angelegenheiten. Und gemäß ihren tiefsten, ererbten Überzeugungen, stellen die Deutschen, selbst wenn sie rehabilitiert sind, mögliche Verbrecher und Volksfeinde des Landes dar. Verständlich — man kann ihnen nicht die Türen zur Kultur öffnen und, mehr noch, zur Belletristik, das geht unter keinen Umständen! Das alles ereignete sich Mitte der 1960er Jahre. Und er nahm den Luftzug aus Europa nicht ernst. Folgendes geschah.

An Alexandre Dumas‘ Jahrestag platzt bei ihm, kurz vor Mitternacht, ein Freund herein und wedelt mit der neuesten Ausgabe der Zeitschrift «Ogonjok».
-Du bist Franzose, du bist Gascogner, du bist ein Nachkomme von D’Artagnan! – appelliert er an seine Vernunft, wobei er sämtliche Mitbewohner aufscheucht. Und, die Zeitschrift auf den Tisch werfend, ruft er aus: - da steht es geschrieben!

In dem ausführlichen Zeitschriften-Artikel, der dem Werk Alexandre Dumas‘ gewidmet ist, wird angegeben, dass die Hauptfigur in der Trilogie über die drei Musketiere, Hauptmann der königlichen Musketiere — eine historische Persönlichkeit ist. Sein Nachname ist Batz, und er lebte auf einem Anwesen in D’Artagnan in der Gascogne. Auf diese Weise, die Ortsbegriffe vertauschend, verdammte der Autor, ohne es zu ahnen, seine Nachkommen und die lesende Welt zu einem Waldleben in Unwissenheit. Freilich hatte Batz damals einer so bezaubernden Nachricht keine ernsthafte Bedeutung beimessen können. Er hatte nicht die Erziehung genossen, um wie ein Dieb auf dem Jahrmarkt herumzuwirbeln. Aber als ihn im vergangenen Sommer in Saratow, auf der Promenade, unter den pyramidenförmigen Pappeln vor dem Bahnhof des Binnenhafens, eine Vertreterin des neu eröffneten französischen Konsulats anhielt! Da musste er unfreiwillig nachdenken.

Ein junger Mann — Dolmetscher mit einer auf Henry gerichteten Video-Kamera auf der Schulter stellte sich vor und erklärte: - «Wir drehen einen Film über Bürger der Stadt, um sie denen, die im Konsulat ankommen, vorzustellen. Sie haben doch nichts dagegen, wenn...». Er sagte, dass er aus Sibirien komme. Bei der Übersetzung leuchteten die Augen des jungen Mädchens aus dem soeben eröffneten Konsulat: - «Ein Gast der Stadt! Das ist bemerkenswert!» präzisierte sie, woher genau er denn käme, und als sie auch noch seinen Nachnamen notierte, zogen sich ihre Augenbrauen unter dem hübschen Pony hoch, der zweifellos von einem französischen Friseur entworfen worden war. Um noch einmal zu überprüfen, ob sie den Namen richtig geschrieben hatte, hielt sie ihm den Notizblock hin und warf ihm dabei einen fragenden Blick zu. Die vier Buchstaben seines Namens waren korrekt in lateinischen Buchstaben geschrieben. Er bestätigte es mit einem Kopfnicken.

Das Mädchen schrie vor Begeisterung: - «Scharschal a-schar!»- schnell umarmte sie ihn, völlig verwirrt, dreimal auf russische Art, küsste ihn aufgeregt auch noch in französischer Manier, als wolle sie von irgendetwas überzeugen. Der junge Bursche filmte sie indessen ununterbrochen weiter. Ein Übersetzer war keineswegs nicht erforderlich, alles war auch so ganz eindeutig: «...Batz!... D‘Artagnan!... Sibirien... Gascogne - Chakassien! ...», gefolgt von ein paar Worten aus seiner Biografie. Nach dem fünf Minuten mit Ochs und Achs vergangen waren, verabschiedeten sich die Vertreter des französischen Konsulats in Saratow mit herzlichen Worten von ihm. Heinrich wusste nicht, ob der Videofilm über die Begegnung der beiden Franzosen, dem Franzosen aus Chakassien und dem aus Paris, am Ufer der Wolga, in Saratow, im gerade eröffneten Konsulat gezeigt würde. Jedenfalls ist es eine bemerkenswerte Legende, die zwar im Prinzip nichts geändert, aber ihn auf lange Sicht vielleicht doch irgendwie durch irgendwas berührt hätte.

Aber als Gegengewicht zu den historischen Faktenaus der Vergangenheit seiner fernen Vorfahren erweisen ihm die heutigen Marktverhältnisse ihm bereits seriöse Bärendienste. Er malt Bilder, bringt sie in die Städte und Gemeinden, indem er Ausstellungen veranstaltet, und verkauft sie anschließend. Von dem erhaltenen Geld gibt er Bücher heraus, verschenkt sie an seine Freunde, Kameraden, die Leitung, schenkt sie Museen, Bibliotheken, Archiven in den Städten Chakassiens, in Turuchansk, Engels, Sajanogorsk, Aluschta, Krasnojarsk...

Er begann in Zeitschriften zu veröffentlichen, 1994 kam die erste Sammlung seiner Romane «Von Jahrhundert zu Jahrhundert» heraus. Sie ist enthalten im Lehrbuch der 11. Klasse «Die Literatur Chakassiens». Die Liebe zur nordischen Natur und zu den Menschen – stellen den wichtigsten Aspekt seines Werkes dar, literarisch wie künstlerisch. Verleihung des Titels «Ehrenbürger des Bezirks Turuchansk» (2003), Verleihung der Gedenkmedaille «Zum 100. Jahrestag Ì.À. Scholoxows» (2004) und des Ordens der allgemeinen Anerkennung der Republik Chakassien «Für gute Taten» (2008).

Heinrich Batz‘ Bücher («Von Jahrhundert zu Jahrhundert», «Sibyllas Versteigerung», «Die große Rentier-Karawane», «Wo Makar die Kälber nicht grasen lässt») basieren entweder auf persönlichen Erfahrungen oder auf wahrem Gehörtem. Der Roman «Nördliche Robinsonade», beispielsweise, beschreibt einen tatsächlichen Fall. Vor dem Krieg brachte einer der Expeditionen Fracht mit in den Norden und ließ ein Wächter zurück. Und... erst im Jahre 1944 fand man sie. Der Roman «Briefe ins Nichts» ist dem jungenhaften Versuch dreier Nordlandbewohner gewidmet, der Einberufung an die Front zu entgehen. Ein Mitarbeiter des NKWD fand sie, holte sie ein und brachte sie zurück. Sie waren in der Tat nicht weit geflohen. Der Schriftsteller beschreibt mit großer Wärme die Nordländer, die nicht betrügen, nicht stehlen und jedem helfen. Aber sie liefen fort – eine Frage des Zufalls. Einer von ihnen kam auf die Idee – los, wir verschwinden. Die Faschisten wurden in Karikaturen als mit Hörnern dargestellt, als halbe Bestien. Und die Tatsache, dass irgendwo auf Menschen geschossen wurde, passte nicht in die Köpfe hinein... Einen großen Teil seines Lebens lebt Heinrich Batz in Sibirien. Seine Feder gehört den Essais, Erzählungen, Novellen, Romanen. Bereits das erste Buch "Von Jahrhundert zu Jahrhundert" interessierte einen breiten Leserkreis. Aber insgesamt wurde ein gutes Dutzend Bücher herausgegeben. In ihnen versucht der Schriftsteller, den schwierigen Ereignissen unserer Zeit einen Sinn zu geben. Er schreibt über den grenzenlosen Norden, über die verschneite Tundra und Taiga. Doch keineswegs über die weiße Lautlosigkeit, denn diese unermesslichen Weiten sind voll von interessantem, vielseitigem und erfülltem Leben. Er berichtet über die Menschen des Nordens. Über diejenigen, die sogar in den entbehrungsreichen Kriegsjahren nicht den Mut verloren, sondern Teil dieser rauen Natur wurden, die gelernt haben, nicht nur zu überleben, sondern zu leben und darin bereits ihren Zauber fanden. Diese raue, aber so rätselhafte und einmalige Natur des Nordens musste Heinrich Batz einfach auch als Maler inspirieren. Aber seine Landschaft – das sind keine erstarrten Abbilder, sondern eine vergeistigte- lebendige Natur, die einen lockt und aufwühlt. In diesen Bildern versucht der Maler auch seine Weltanschauung zu vermitteln. Von der auch Sie berührt sein werden, wenn Sie seine Arbeiten betrachten. Übrigens hat der Schriftsteller und Maler einen großen Teil seiner Bücher selbst gestaltet und illustriert. Praktisch alle Erzählungen im Sammelband «Die große Rentier-Karawane» basieren auf persönlichen Eindrücken des Halbwüchsigen, der während des Krieges zum Erwachsenwerden überging.

Batz konnte seine Werke lange Zeit nicht drucken. Aber in den achtziger Jahren, so schien es, wird er die verlegerische Bastion einnehmen. Der Verlag «Sowremennik» (Zeitgenosse; Anm. d. Übers.) nahm die Sammlung von Romanen und Erzählungen an, unterstützt durch ein Empfehlungsschreiben von Sergej Michalkow. Doch nach zwölf Monaten Wartezeit – die Absage. Was die Schriftsteller gerühmt hatten, wurde von einem Mitarbeiter der «zuständigen Organe» zerstört. Trotz ihrer Jugend hält er Natalja Achpaschewa für seine «Patentante», die den Durchbruch bei der Veröffentlichung des ersten Sammelbandes «Von Jahrhundert zu Jahrhundert» erwirkte. Jetzt ist er Mitglied des russischen Schriftstellerverbandes. Der einzige Deutsche mit dieser Bezeichnung in den sibirischen Weiten.

H.H. Batz stellte Sammelwerke seiner Erzählungen zusammen, die durch ein gemeinsames Thema, gemeinsame Charaktere und einen gemeinsamen Zeitrahmen miteinander verbunden sind. Man muss hier das Prinzip der Komplementarität erwähnen, welches den Eindruck eines einheitlichen künstlerischen Textes erweckt. Die Geschichten eines Sammelbandes sind durch Ort, Personen und Zeit miteinander verbunden. Gleichzeitig stellt jede Erzählung ein vollständig abgeschlossenes Werk dar, mit ihrer eigenen Geschichte, ihrem eigenständigen Thema und ihrer bildhaften Art. Der Autor tritt in seinen Erzählungen als handelnde Person und zugleich als Beobachter und Erzähler auf. Er zeigt bewusst seine Beteiligung an der Realität auf, die er wiedergibt. Die Geschichte scheint als subjektiv hervorgehoben zu werden, wodurch sie auf allen Ebenen, von der thematischen (inhaltlichen) bis zur emotionalen Ebene, an Überzeugungskraft und erzählerischer Authentizität gewinnt.

«Über das Gedächtnis»

Zum Geburtstag des in Chakassien bedeutenden Baumpflegers, Schriftstellers und Künstlers ist im Heimatkunde-Museum der Stadt Sajanogorsk eine Heinrich Batz gewidmete Ausstellung eröffnet worden. Die Exposition besteht aus Bildern, Fotografien und Büchern, teilt der Pressedienst der Sajanogorsker Administration mit.

Heinrich Batz‘ Leben ist eng mit der Geschichte des Landes verknüpft. 1941, mit Beginn des Krieges, wurde die gesamte Familie Repressalien ausgesetzt und aus dem Wolgagebiet nach Turuchansk ausgesiedelt. Ein Vierteljahrhundert später zog Heinrich Batz nach Chakassien und lebte dort vierzig Jahre in der Ortschaft Otschury. Genau hier begann er, sich professionell mit der Malerei zu befassen.

Alle Gemälde der Ausstellung sind dem Genre des Realismus zuzuordnen, der es ermöglicht, die Macht des Jenisseis, die subtilen Farben der Tundra, die Schönheit des Nordlichts und die Gesichter der Einheimischen wiederzugeben. In seinen Stillleben sind ebenfalls lokale Gebrauchsartikel dargestellt. Die Bilder und Themen der Gemälde und Bücher hat Heinrich Batz aus dem Alltagsleben der Sibirier genommen, deswegen ist sein Werk verständlich und beim Volk beliebt.

Heinrich Batz nahm an Gruppen- und Einzelausstellungen in Minussinsk, in der Region Krasnojarsk, teil, wo er lebt und arbeitet. Seine Arbeiten wurden auf den Moskauer und Nowosibirsker Ausstellungen "Künstler der Deutschen in Sibirien" gezeigt. Die Bilder befinden sich in zahlreichen privaten Sammlungen in Russland und im Ausland.

Schlussbemerkung

Somit stellt H.H. Batz‘ Werk, dank seiner künstlerischen Meisterhaftigkeit und seines Talents, ein großes Interesse dar. In seinen Romanen bemerkt man sowohl die Traditionen sibirischer Schriftsteller, verkörpert in den Beschreibungen der Natur und der Bewohner des Nordens sowie den Einfluss russischer und ausländischer Klassiker. Dennoch sind seine Werke unverwechselbar und originell in der Wahl der Themen, im Aufbau der Sujets und der Kompositionen sowie in ihrer lebendigen und fantasievollen Sprache. Das Werk von H.H. Batz nimmt einen vorrangigen Platz unter den russischsprachigen Schriftstellern Chakassiens und Sibiriens ein.

H.H. Batz' Vermächtnis nimmt in der Literatur Chakassiens an der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert eine führende Stellung ein. Als sibirischer Schriftsteller hat H.H. Batz es verstanden, in seinen Werken die Traditionen der klassischen russischen Literatur mit der ausländischen und zeitgenössischen sibirischen Literatur zu vereinen.

Sein Leben fiel in die Periode der stalinistischen Unterdrückungen, als das Land an Hunger, Elend, Zerstörung und Sterblichkeit litt, und Heinrich seine Zeit, trotz all dieser Umstände, seine Zeit dem künstlerischen Schaffen widmete, obwohl ein Mangel an Lehrern herrschte, es niemanden gab, der ihm das Lesen und Schreiben beibringen konnte und es schwierig war, Künstler oder Poet zu werden, und nur diejenigen, die über eine besondere Gabe verfügten, waren in der Lage, das zu erreichen, was Heinrich Batz gelang. Durch den Willen des Schicksals musste er viel herumreisen, und das nicht in den heißesten Ländern, er erlebte den Tod seiner Großmutter, seines Vaters und später auch seiner Schwester, doch er blieb stets er selbst und glaubte an den Erfolg. Die Zeit und ihre Bedingungen haben seinem Werk für immer einen Stempel aufgedrückt.

Literaturangaben

• HTTPS://www.gov.khakasnet.ru/gazeta/archiv/090919-4.htm
• http ://www. admtr.ru/tr/pochet/
• HTTPS://dlkhakasia.wordpress.eom/page/2/
• Katajewa, L. Heinrich Batz – Schriftsteller- Sibirier // Chakassien. - 2008. – 22. Jan.
• Auf dem Weg des Schicksals, ohne das Gute zu verlieren : (H.H. Batz 80 Jahre) // Sajansker Anzeiger. - 2008. – 17. Jan.
• Potapowa, Ò. Fänger des Universums // Chakassien. - 2003. – 29. Juli.
• Batz, H. Vom Autor: [Biograf, Auskunft] // Batz, H. Dein Haus. - Abakan, 1998.-S. 3-10.
• Jeschina. 3. Interviews im Vorfeld des Jubiläums über Heinrich Batz (den Schriftsteller, Künstler, Menschen) und sein Werk. // Zeitung „Ogni Sajan“ - 1998. – 29. Januar.
• Balaschow, W. Er liebt den Norden und Yachten // Chakassien. - 1994. – 15. Okt.
• Balaschoe, W. Mit Feder und Pinsel // Zeitung „Ogni Sajan“. - 1994. – 4. Okt.
• Balaschow, W. Nebenan wohnt ein Künstler // Zeitung „Ogni Sajan“. - 1983. – 5. Febr.


Zum Seitenanfang