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Toivo Rjannel

Regionale Aktion
„Politisch verfolgte Akteure aus dem Bereich der Kultur und Kunst in der Geschichte und Kultur der Region Krasnojarsk“

Autorin:
Anna Fomina
Allgemeinbildende Mittelschule N° 3
Stadt Borodino

Borodino 2012

Jeder russische Mensch weiß, was Repressionen sind. Dieses Unglück berührte mit seinen schwarzen Flügeln beinahe jede Familie. Doch die Menschen, die sich nichts hatten zuschulden kommen lassen, zerbrachen unter dem Joch des Schicksals nicht, sie blieben standhaft, hielten den Druck des Regimes aus, und viele von ihnen wurden bedeutsame Menschen.

Wer vermag zu sagen, welchen Lauf das Schicksal des finnischen Jungen Toivo Rjannel genommen hätte, der in einer Bauernfamilie am Ladoga-See lebte, wenn man seine Familie nicht enteignet hätte. Er wäre nicht im Alter von zehn Jahren als Verbannter nach Sibirien geraten. Doch der Ort der ewigen Verbannung wurde für ihn nicht zur Hölle, sondern zur zweiten geliebten Heimat. Er verliebte sich schon bald in die schnelle Strömung des Jenisseis, die riesigen Weiten, die hohen und mächtigen Berge sowie die undurchdringliche Taiga.

Ein schwieriges Leben entfiel auf das Los dieses starken Mannes. Ebenso stark und unzerbrechlich, wie seine „Bergkiefern“. Um seinen Fließ konnte man Toivo nur beneiden. Er brachte es fertig, zwei bis drei gelungene Skizzen pro Tag anzufertigen. Alle Alltagsschwierigkeiten überwand er mit einem Lächeln im Gesicht, und er haderte nicht mit dem Schicksal. Und als Belohnung dafür bekam er ein großes Talent mit auf den Weg.

In Rjannels Bildern wird die ungewöhnliche sibirische Natur in ihrer ganzen Vielfalt lobgepriesen. Sogar Menschen, die sich nie an diesen Orten aufgehalten haben, sagen: „So sieht es also aus, das vertraue Sibirien! Ich bin nie dort gewesen, aber ich sehe die ganze Wahrheit des Künstlers“. Er besaß ein so feinsinniges Gefühl für die raue Natur, dass er ihre ganze Pracht glaubwürdig weitervermitteln konnte.

Seine Leinwände fesseln den Blick. Im Nu vergesse ich, was um mich herum geschieht. Als wenn du direkt am Ufer des Jenisseis entlang gehst, hörst, wie der Wind in den Zweigen der Birken spielt, die Kühle und den Geruch des Flusses wahrnimmst. Die Landschaft ist derart realistisch dargestellt, dass es einem so vorkommt, als ob gerade eben ein weißes Wölkchen vorüberschwebt und im Gras eine Grille zirpt. Toiva hat für seine Bilder ausschließlich den Realismus angenommen. Er sprach immer davon, dass er die Avantgarde und den Primitivismus nicht verstünde, aber die ureigenen Farben der Natur auf das Äußerste liebte.

Rjannels Berühmtheit war vielfältig. Er verabscheute keinerlei Arbeit. Zu seinen Freunden zählten Pawel Federiko, Valerij Solotuchin, Jewgenij Jewtuschenko, Igor Guberman. Diese Namen sprechen für sich selbst.

Der Künstler hatte oft mit Vertretern des Regimes zu tun, „dank“ derer er in die ewige sibirische Verbannung geriet. Doch er unterteilte die Menschen niemals in Kommunisten und Nicht-Kommunisten. Schließlich sind Kommunisten auch Menschen. So paradox es auch klingen mag – Rjannel zeichnete in seinem Leben mehr als 200 Porträts von Josef Stalin. Nach seinen Worten tat er es deswegen, weil man gut dafür bezahlte – 60 Rubel pro Bild und mehr. Markt ist Markt.

Die Zeit verging, und schließlich siegte die Gerechtigkeit. 1993 wurde Toiva rehabilitiert. Er kehrte in die Heimat seiner Vorfahren, nach Finnland, zurück. Aber die krasnojarsker Erde nahm einen großen Platz in seinem Herzen ein; bis unmittelbar vor seinem Tode kam der Künstler immer wieder nach Krasnojarsk.

Am 15. März 2012 verstarb Toivo in seinem 91. Lebensjahr. Er führte ein schwieriges, aber dennoch helles Leben und hinterließ seine Spuren in der Geschichte. Er überwand alle Missgeschicke, Schwierigkeiten, Schicksalsherausforderungen, schuf seine Werke, lebte ein volles Leben und war ein wahrhaft glücklicher Mensch.


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