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Bruno Genrichowitsch Diehl

Autorin: Julia Kokorewa, Schülerin der 9. Klasse
Städtische etatmäßige allgemeinbildende Einrichtung „Taiga-Mittelschule für Allgemeinbildung“

Leitung: Dmitrij Wladimirowitsch Sidorenko
Städtische etatmäßige allgemeinbildende Einrichtung „Taiga-Mittelschule für Allgemeinbildung“, Geschichtslehrer

„Ich hegte keinen Groll in meiner Seele, verstand es, Sibirien
Zu lieben, meine neue Heimat, mein ganzes Leben
werde ich die unvergleichliche Liebe zu dieser Region lobpreisen“
B.G.Diehl

„Geboren bin ich … an der Wolga“

Bruno Genrichowitsch (Andrejewitsch) Diehl wurde am 19. Juli 1927 in der Ortschaft Seelmann (heute Rownoje) im Gebiet Saratow in eine wolgadeutsche Familie hineingeboren.

Die Familie ist groß: Vater - Heinrich (Genrich) Iwanowitsch, Mutter – Ida Michajlowna, Brüder und Schwestern – Lydia, Wladimir, Isolde.


Erste Reihe, von links nach rechts: Bruno Genrichowitschs Mutter – Ida Michajlowna,
Schwester Isolde Genrichowna, Vater Heinrich Iwanowitsch.
Zweite Reihe: Bruno Genrichowitschz, Ehefrau Irma Bogdanowna.

Heinrich (Andrej) Iwanowitsch Diehls Familie war bekannt und geachtet. Er war ausgebildeter Künstler und arbeitete als Lehrer an der Schule, illustrierte Bücher beim Verlag und befaßte sich erfolgreich mit Malerei, Bildhauerei und Grafiken. Er wurde auch zum ersten Lehrer seines Sohnes.

Nach Bruno Genrichownas Erinnerungen fristeten sie Anfang der 1930er Jahre ein Hungerdasein; im Bezirkskomitee wurden Essensrationen ausgegeben – Wassersuppe und ein Stückchen Brot von der Größe einer Streichholzschachtel. Jeden Tag gingen Bruno Genrichowitsch und seine Schwester dorthin, um sich ihre Mahlzeit abzuholen. Über Menschen wie sie wurde sogar ein Vierzeiler verfaßt:

Hungernder mit Kochgeschirr,
Wohin gehst du denn?
Ins Komitee für die Ration,
Weißt du’s etwa nicht?

Bruno war ein erfolgreicher Maler – er erhielt bei einem republikanischen Wettbewerb ein Diplom. 1940 zog die Familie in die Stadt Engels um, die Hauptstadt der Republik.

„Durch den Willen des Schicksals … an den Jenisej verschlagen“

Als änderte sich mit dem Beginn des Großen Vaterländischen Krieges. Im August 1941 wurden die Wolgadeutschen in einem einzigen Augenblick zu Sonderumsiedlern, und die Familie Diehl wurde nach Sibirien ausgesiedelt. Nach Bruno Diehls Erinnerungen fuhren sie in beheizbaren Waggons unter Wachbegleitung. Die Menschen erörterten den Ukas über die Deportation der Rußland-Deutschen nach Sibirien. Manche rechtfertigten das, weil sie meinten, daß einige Leute wohl Kontakte zu Saboteuren hätten; andere wiederum fanden, daß das nicht der Wahrheit entsprach.

In Krasnojarsk wurden die Sonderumsiedler (so nannte man sie tatsächlich) auf Lastkähne verladen und weiter auf dem Jenisej bis nach Minusinsk verschifft. Dort mußten sie an der Anlegestelle warten, bis Fuhrwerke eintrafen und sie in die Ortschaft Jermakowskoje brachten. Bruno Genrichowitsch sagte, dass die Ortsbewohner sie freundlich aufgenommen hätten und ihnen später halfen, so gut sie konnten.


Bruno Genrichowitsch in den 1940er Jahren

Genrich (Heinrich) Iwanowitsch wurde zum Kriegsdienst einberufen, dann aber wieder zurückgeschickt – denn er war Deutscher. Später mobilisierten sie ihn in die Trudarmee – dort erwartete ihn kräftezehrende Schwerstarbeit in der Holzfällerei.

Im Frühjahr 1942 wurden die Sonderumsiedler auf das Motorschiff „Maria Uljanowa“ verladen und nach Turuchansk abtransportiert. Lange waren sie dorthin unterwegs, aber die Fahrt versetzte den zukünftigen Künstler in großes Erstaunen – all die dunklen, waldbewachsenen Steilhänge.

Die Familie Diehl wurde in der engen Mönchszelle eines ehemaligen Klosters untergebracht. Sie hausten dort ohne jeglichen Komfort – das Zimmer war kaum größer als ein Waggonabteil, aber das war noch nicht einmal schlecht – viele lebten in Gemeinschaftsbaracken, in denen die Trennwände für die Zimmer der einzelnen Familien lediglich aus Säcken und dort aufgestapelten oder aufgehängten Sachen bestanden.

Sie mußten viel arbeiten. Sofort nach dem Verlassen des Dampfers mußten sie Waldbrände löschen. Anschließend arbeitete Bruno Genrichowitsch in der Fischfabrik. Im Sommer fand er Arbeit in einer Fischfang-Brigade, die Fisch für die Front beschaffen sollte. Im Winter gingen sie zur Schule. Abends leisteten sie allgemeine Arbeitspflichten – sie entwirrten dicke Meeres-Schleppnetze und knüpften einzelne Teile zu einem Flußnetz zusammen.

1944 kehrte der Vater heim. In Turuchansk suchte er sich eine Tätigkeit als Mal- und Zeichenlehrer an der Schule. Im Sommer 1944 nimmt Bruno an der Expedition des Norilsker Kombinats auf dem Fluß Sewernaja (einem Zufluß der Unteren Tunguska) teil.

In den schwierigen Lebensbedingungen durchhalten und überleben konnten sie, laut Bruno Genrichowitschs Erinnerungen, nur durch die Unterstützung von Jägern, Fischern und - überhaupt von Menschen. Er las gern Bücher von Jack London.

Im Frühjahr 1945 beendete er die 10. Klasse.

Nach Kriegsende erlaubte man der Familie Diehl den Umzug nach Kansk; in die Heimat durften sie nicht zurück.

Bruno träumte davon Künstler zu werden. Und keine Schwierigkeit konnte ihn von diesem Wunsch abbringen; aber die Erschwernisse nach dem Krieg ließen eine Erfüllung dieses Traums nicht zu. Er absolvierte das pädagogische Technikum in Kansk und arbeitete von 1951-1963 als Zeichenlehrer an der Mittelschule N° 3, im Büro für Methodik der Stadt- und Bezirksabteilung für Volksbildung. Während der Arbeit malte und zeichnete er unentwegt.

1996 sagte er bei einem Interview des Almanachs „An der Bratsker Überfahrtsstelle“: „Die Städte suchen einen nicht aus... Für mich wurde Kansk zum Schicksal – zu meiner zweiten Heimat. In Kansk fand ich mir nahestehende Menschen, begann Gefallen an der Stadt und an der herrlichen Natur Sibiriens zu finden. Jedesmal, wenn ich an einen bereits bekannten oder neuen Ort komme, entdecke ich die ganze Schönheit noch einmal“.


Tätigkeit im Kreis für bildende Künste in den 1950er Jahren

In den ersten Nachkriegsjahren (in verschiedenen Quellen sind unterschiedliche Daten angegeben – 1946, 1947 und 1948) fand in Kansk die erste Ausstellung statt. Neben Bruno Genrichowitsch arbeiteten in der Stadt auch die jungen Künstler Boris Maksimow, Anatolij Rubzow, Witold Rojek und Witalij Nischegorodzew.

Die Ausstellung spornte dazu an, einen Kreis junger Künstler an der Station für Kindertechnik zu schaffen. In der ersten Zeit reichte für die zahlreichen interessierten Jungen und Mädchen nicht der Platz. Aber bald waren alle Probleme gelöst – sowohl in puncto Stundenplan, als auch in Bezug auf die vorhandenen Plätze.

In Bruno Genrichowitschs Studio beschäftigten sich die angehenden Künstler – W. Matul, G. Baschin, O. Popenkowa, I. Owtschinnikow, A. Semenow, G. Spiridow, W. Tereschtschenko.

In dieser Zeit versuchte Bruno Genrichowitsch zweimal in die Kunstfachschule einzutreten – 1954 in Irkutsk, 1958 in Krasnojarsk. Aber beide Male ohne Erfolg. Einer der Gründe war, dass Bruno Genrichowitsch aus einer wolgadeutschen Familie stammte.

In der Volksbildung arbeitete Bruno 17 Jahre; 1963 wechselte er in den Beruf des künstlerischen Gestalters. Am neuen Arbeitsplatz fertigte er Plakate, Hinweisschilder für die Stadt und Ausstellungsstücke für das Heimatkundemuseum an. Zudem leitete er die Neujahrsgestaltung des Korosteljew-Platzes, auf dem kleine Städtchen aus Schnee errichtet wurden. Der Schriftsteller Walerij Schelegow erinnert sich: „Ich werde diese kleinen Städtchen mein Leben lang nicht vergessen. Sie erwärmten meine Kindheit mit dem glücklichen Erstrahlen ihrer Glut und halfen und helfen mir in meinen reiferen Jahren“.


In der Künstlerwerkstatt, 1975

Daneben malte Bruno Genrichowitsch unaufhörlich weiter. Es entstand eine Reihe interessanter Arbeiten.

1987 wurde die Malerei zu seinem wichtigsten Betätigungsfeld. Er nimmt praktisch an allen kollektiven Ausstellungen in Kansk, Krasnojarsk, Nowosibirsk und Moskau teil.

Bruno Genrichowitsch ist ein versessener Maler. Ein Zimmer in seiner Wohnung unterhält er als Werkstatt und Atelier. In Nowosibirsk laufen 1996, 1997 und 1998 mit großem Erfolg die Ausstellungen „Die Deutschen Künstler Sibiriens“.


Bruno Genrichowitsch Diehl

Zu einem Ereignis für die Stadt Kansk wurde seine private Ausstellung „50 Jahre künstlerischen Schaffens“ im Jahre 1995. Und 1998 fand eine persönliche Ausstellung statt, die seinem 70. Geburtstag gewidmet war.

Er nahm auch an der Ausstellung „Sibirien, unsere gemeinsame Heimat“ in Minusinsk sowie der Allrussischen Ausstellung in Moskau imJahre 2000 teil. In demselben Jahr wurde er in die Russische Künstlervereinigung aufgenommen.

2007 nimmt er an der Ausstellung „Mein Sibirien“ im Krasnojarsker Haus des Künstlers teil, die seinem 80. Geburtstag gewidmet ist. Der bekannte Maler Tojwo Rjannel, der die Ausstellung besuchte, sagte: „Ich habe heute für mich einen neuen Künstler entdeckt, wenngleich ich ihn schon seit langem kenne. Damals begann er als Amateur, aber heute ist er ein vollkommen professioneller Künstler, mit einem hervorragenden Gefühl für die Komposition eines Bildes, wobei er es mit Hilfe großartiger Fertigkeiten versteht, monumentale Ölgemälde auf kleinformatiger Leinwand zu schaffen. Ich beglückwünsche Bruno und uns alle zu dieser bemerkenswerten Ausstellung“.

Das Gästebuch, in dem die Besucher ihre Meinung dazu äußern konnten, enthält eine Vielfalt begeisterter Einträge. Einzigartig – die Bilder des kansker Künstlers sind beeindruckend – sie sind voller Liebe zur sibirischen Natur, ihrer rauhen und zarten Schönheit.

Aber auch damit ließ Bruno Genrichowitsch es noch nicht genug sein – er führt weitere Ausstellungen in Nischnij Ingasch, an der Bahnstation Sajanskaja, in Selenogorsk und Bolschaja Ura durch.

2009 wird Bruno Genrichowitsch Diehl der Titeleines Ehrenbürgers der Stadt Kansk verliehen.

Wir kommen nicht umhin, auch über Bruno Genrichowitschs Familie zu sprechen. Seine Ehefrau Irma Bogdanowna absolvierte die Fakultät für Fremdsprachen am PädagogischenInstitut Krasnojarsk und kam dann nachKansk. Über eine Freundin lernte Bruno Genrichowitsch sie kennen. Sie heirateten im Jahre 1953. Sie haben zwei Töchter – Lilija und Jelena. Eine von ihnen ist Ärztin, die andere Ingenieurin. Die Töchter leben in Krasnojarsk.

Bruno Genrichowitsch starb am 6. Januar 2011.

„Meine Bilder – meine Kinder“


Beim Skizzieren

Bruno Genrichowitsch malte viel. Vor allem in den Sommerferien. Dann pflegte er sein Skizzenbuch, ein Gewehr und ein paar Angelutensilien zu nehmen und sich auf den Weg in die tiefsten Ecken der Taiga zu machen. Während solcher Wanderungen begegnete er Bären, erfreute sich am Anblick der Marale (sibir. Hirsche; Anm. de. Übers.).

Der kansker Heimatkundler J. Kislowskij sagte: „Die wichtigste Besonderheit bei B.G. Diehl besteht darin, dass fast alle seine Landschaften der Natur unseres Kansker Bezirks gewidmet sind. So wenig wir bei Künstlern dieses Winkelchen der Region auch widergespiegelt sehen, um so tiefer ist der Inhalt, der Ausdruck, der aus diesen Bildern spricht“.

Bruno Genrichowitsch malt ausschließlich in natura, er reist auf den Flüssen der Sajanberge, auf dem Jenisej und seinen Zuflüssen Kann, Agul, Kungus und Baikal. Das Hauptthema seiner Werke – Sibirien. Das ist die Meinung der Kunstwissenschaftlerin Jelena Listewa.

Bruno Genrichowitschs Arbeiten:

Zum Thema Sajan – „Sajaner Taiga“, „Die Mähne der Zirbelkiefer“, „Am Oberlauf des Agul“, „Inmitten der Bergkuppen“.
Zum Thema Städte – „Nebliger Morgen“, „Gebirgspaß“
Zum Thema Baikal – „Die Sandbucht“
Aquarelle – „Die Fähre“, „Aufgehende Sonne“, „Goldener Morgen“, „Nebel über dem Agul“, „Der Bergsee“
Jenisejsker Serie – „Flöße auf dem Jenisej“, „Silberklarer Tag“, „Weiße Nacht“

Fast alle Werke sind der Natur gewidmet. Bruno Genrichowitsch sagte einmal in einem Interview: „Die Natur ist mein Freund, mein Lehrer und Lenker. In ihr schöpfe ich Kraft, sie hilft mir zu leben, sie ist die unversiegbare Quelle der Inspiration, sie gibt mir Freude und Kreativität. In ihr finde ich meine Themen zum malen“.

Zum Abschluß möchte ich die Aussagen verschiedener Leute – bekannter und unbekannter – über die Persönlichkeit und das Schaffen Bruno Gebrichowitschs anführen.

„Bruno Diehl – ein Meilenstein in der Kunst“. W. Kolpakow

„...Bruno Andrejewitsch kannte die ihn umgehende Welt der Farben und Klänge sehr gut – die perlmuttfarbene Schönheit der Nebel über dem Sajan, die machtvolle Schönheit der Taiga mit ihren Zirbelkiefern, die endlose Weite der Flußläufe“. W. Baschmakow.

Aus dem Buch mit Bewertungen der Ausstellungsbesucher:

- „Das ist gute, warme, schöne Malerei. Orte, an denen wir irgendwann alle einmal waren. Danke. Turuchansk“.
- „Vielen Dank, Bruno Andrejewitsch, für Ihre Landschaftsbilder. Die Natur bringt Ruhe in die Seele; sie fehlte mir, aber jetzt hat sich meine Stimmung zum Guten geändert. Jelena“.

Anhänge


Zeichnung 1. Sajaner Taiga


Zeichnung 2. Am Oberlauf des Agul


Zeichnung 3. Der Fluß Nemkina


Zeichnung 4. Taiga-Morgen

Bibliographie

1. „Kanal 5“, 19. Mai 1998
2. „Kanal 5“, 21. November 2007
3. „Blitz-Zeitung“, 15.-22. Mai 2003
4. „Macht der Sowjets“, 12. März 1954
5. „Macht der Sowjets“, 11. April 1954
6. „Macht der Sowjets“, 12. November 1968
7. „Östliche Region“, 24.-30. Oktober 2007
8. „Kansker Nachrichten“, 24. Oktober 1995
9. „Kansker Nachrichten“, 19. März 1998
10. „Kansker Nachrichten“, 14. Mai 2003
11. „Kansker Nachrichten“, 18. November 2009
12. „Kansker Kurier“, 13. April 2000
13. W. Kolpakow „Geschichte mit dem Pinsel gemalt. Buch über darstellende Kunst in der Stadt Kansk“, Kansk 2008
14. N. Kryschtopa, L. Firsankowa „Ehrenbürger der Stadt Kansk“, Krasnojarsk 2011
15. Vorwort zum Ausstellungskatalog 1998 inKansk
16. „Heutige Zeitung“, 16. April 2003
17. „Heutige Zeitung“, 24. Oktober 2007
18. Artikel zur Broschüre über die private Ausstellung 2003
19. HTTPS://www.bylkov.ru/photo/


























































 


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