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Das Tugatschinsker Lager als Unterabteilung des KrasLag und seine Opfer

20. AL-RUSSISCHER WETTBEWERB HISTORISCHER FORSCHUNGSARBEITEN
«DERMENSCH IN DER GESCHICHTE. RUSSLAND – 20. JAHRHUNDERT»
2018-2019

THEMA: DER MENSCH UND SEINE KLEINE HEIMAT
BENENNUNG: FORSCHUNGSARBEIT

Autorin: Anna Viktorowna Koslowskaja, Schülerin der 11. Klasse der kommunalen fiskalischen Lehreinrichtung der Tugatschinsker allgemeinbildenden Oberschule, Sajan-Bezirk, Region Krasnojarsk

Anschrift: 663595 Region Krasnojarsk, Sajan-Bezirk, Siedlung Tugatsch, Antonow-Straße Nr. 25-1
Telefon: 83914239191
E-mail: tugach1@yandex.ru

Leitung: Tatjana Iwanowna Altuchowa, Lehrerin der russischen Sprache und Literatur
kommunalen fiskalischen Lehreinrichtung der Tugatschinsker allgemeinbildenden Oberschule, Sajan-Bezirk, Region Krasnojarsk

Sajan-Bezirk, Siedlung Tugatsch, 2019

ANMERKUNG

Die Arbeit "Das Lager Tugatschinsk als Unterabteilung des KrasLag und seine Opfer" enthält Materialien zu den Haftbedingungen der Gefangenen des Lagers sowie Kurz-Informationen zu den Schicksalen einzelner Häftlinge (Grund der Verhaftung, Wohnort vor der Verhaftung, Dauer der Haft, weiteres Schicksal nach der Befreiung). Ergänzt wird das Werk durch Fotos ehemaliger Lagerinsassen, das Lageremblem, eine Karte des Tugatschinsker Lagers und ein Foto des Denkmals, das in der Siedlung auf dem Gelände des ehemaligen Lagers errichtet wurde.

Ende der 30er Jahre wurde das KrasLag auf dem Gebiet der Siedlung Tugach gegründet. Es ist eine schreckliche, bittere Zeit in der Geschichte unseres Landes, eine Zeit zerbrochener Schicksale, der zerstörter Gedanken und unerfüllter Hoffnungen. Die besten Menschen unseres Landes, verurteilt nach verschiedenen Paragrafen des Artikels 58, gebildet, intelligent, Träger von Kultur und Traditionen, fanden sich "schuldlos" in den Kerkern der Stalinistischen Lager wieder, wurden zu "Lagerstaub". Es waren Jahre harter Arbeit, moralischer Prüfungen, schwerer Verluste, aber die Menschen glaubten an die Zukunft, an den Triumph der Gerechtigkeit. Heute müssen wir die Wahrheit erfahren, so bitter sie auch sein mag.

Diese Arbeit basiert auf Informationen aus Archivdokumenten des Sajan-Bezirks, Materialien aus dem Buch "Von Sibirien nach Sibirien" von L. K. Miller und den Erinnerungen von Opfern der politischen Repressionen und ihrer Angehörigen, die in der Siedlung Tugach lebten und leben. Das Material wurde durch persönliche Gespräche mit denjenigen, die derzeit in der Siedlung leben, beschafft und von denjenigen, die das Gebiet des ehemaligen Lagers verlassen haben, per E-Mail übermittelt.

Literaturangaben:

1. Archiv des Sajan-Bezriks
2. Persönliche Erinnerungen von À.G. Kurikina, B.J. Markow, W.Ch. Amirowa, G. N. Bajakowa, I.F. Tytschinin, K. Jakobi, L.W. Turlakowa, L.G. Slepetz, L.K. Miller (Müller).
3. L.K. Miller (Müller) «Von Sibirien nach Sibirien»

Das von mir gesammelte Material diente als Grundlage für ein Referat, das bei einer Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der politischen Repression am 30. Oktober 2016 vorgetragen wurde, zu der Vertreter der Bezirksverwaltung sowie an der Thematik interessierte Gäste aus der Region eingeladen waren. Meine Arbeit ist nun dem Heimatmuseum übergeben worden, das in unserer Schule eingerichtet worden ist. Heute wird in dem Dorf ein interaktives Freilichtmuseum mit dem Namen "Streng geheim - Das Tugatschinsker KrasLag" eingerichtet. Meine Arbeit ist eines der wichtigsten Dokumente für die Durchführung dieses Projekts.

INHALT

I. Einleitung
II. Hauptteil
1. Die Entstehung des Tugatschinsker KrasLag und die Haftbedingungen für die dort inhaftierten Gefangenen
2. Schicksale politischer Häftlinge, die nach § 58 verurteilt wurden
3. Die Siedlung nach der Schließung des Lagers
III. Schlussbemerkung
IV. Literaturangaben
V. Anhang

I. EINLEITUNG

Wieviel Glauben ist eingestürzt, wie viele Bäume sind gefällt worden,
Wie viele Sorgen und Strecken haben wir erlebt...
W. Wysotzkij

Ich lebe auf legendärem Land, das mit dem Blut und dem Schweiß meiner Landsleute getränkt ist, die unter einem totalitären Regime gelitten haben, von der NKWD-Troika verurteilt wurden und dazu bestimmt waren, in ihrem eigenen Land zu Volksfeinden zu werden. Und ich weiß leider fast nichts darüber.

Die Relevanz des Themas ist hoch. Man kann keinen Bürger und Patrioten erziehen, ohne die Geschichte seiner Familie, seines Dorfes und seines Viertels zu kennen, ohne über die Kultur und die Traditionen seines Volkes Bescheid zu wissen.

Ende der 30er Jahre wurde das KrasLag auf dem Gebiet der Siedlung Tugatsch organisiert. Es war eine schreckliche, bittere Zeit in der Geschichte unseres Landes, eine Zeit der zerbrochenen Schicksale, der zerstörten Gedanken, der unerfüllten Hoffnungen. Die besten Menschen unseres Landes, die Gebildeten, die Intelligenten, die Träger von Kultur und Traditionen, die "Schuldlosen" fanden sich in den Kerkern von Stalins Lagern wieder, wurden zu "Lagerstaub". Es waren Jahre harter Arbeit, moralischer Prüfungen, schwerer Verluste, aber die Menschen glaubten an die Zukunft, an den Triumph der Gerechtigkeit. Das darf nicht vergessen werden; wir, die jüngere Generation, haben einfach kein Recht, all das in Vergessenheit geraten zu lassen.

Einer der Großen sagte einmal, dass die Geschichte die einzige Wissenschaft ist, die nichts lehrt. Selbst wenn dies der Fall ist, bewahrt sie unserer Ansicht nach dennoch Ereignisse, Fakten und Handlungen von Herrschern im Gedächtnis der Generationen, und kein Thema darf tabuisiert werden. "Keine Erwägungen - politischer, ideologischer oder persönlicher Art - sollten die Kenntnis, die Aufdeckung und die Interpretation von Tatsachen verhindern, insbesondere wenn diese Tatsachen lange und bewusst in geheimen Archiven und in den Tiefen des unterdrückten Bewusstseins zurückgehalten wurden".

II. HAUPTTEIL

Zielsetzung:

Die Geschichte des Tugatschinsker KrasLags und das Schicksal der Gefangenen, die nach den verschiedenen Paragrafen des Artikels 58 verurteilt wurden, zu erfahren.

Aufgabenstellungen:

Die folgenden Forschungsmethoden wurden angewandt:

1. Entstehung des Tugatschinsker KrasLag und Haftbedingungen der dort inhaftierten Gefangenen

Mitte der 1930er Jahre hatte der Moloch der Jeschow-Ära ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht, so dass es im zentralen Teil der ehemaligen UdSSR nicht genügend Orte gab, um die "Volksfeinde" zu inhaftieren. Damals wurden die ersten GULAG-Lager in der Region Krasnojarsk eingerichtet. Anfang der 1940er Jahre begann die Regierung mit der Einrichtung von Lagern in Sibirien, da es dort viel wertvolles Holz gab. Der Staat nutzte billige Arbeitskräfte - die Gefangenen.

Im Februar 1938 wurde auf Befehl N°. 020 des NKWD der UdSSR das Strafarbeitslager Krasnojarsk (Kraslag) als eine der Außenstellen des GULAG eingerichtet. Der Standort in der Siedlung Tugatsch wurde nicht zufällig gewählt. Die Hauptabteilung für Strafarbeitslager hatte bereits während des Baus des Belomor-Kanals Erfahrungen mit dem Einsatz kostenloser Arbeitskräfte aus den Reihen der Gefangenen gesammelt. Die junge und sich entwickelnde Republik benötigte Elektrizität, Brennstoff und Baumaterialien, und das bedeutete -man brauchte Unmengen an Holz.

Hier, einen Kilometer von der kleinen Jägersiedlung Kapitonowo entfernt, wurden Baracken errichtet. Die ersten Bewohner der Siedlung Tugatsch waren politische Gefangene, Wachsoldaten und ihre Familien. Die Baracken wurden mit einem hohen Zaun umgeben, um den herum mehrere Reihen Stacheldraht gezogen wurden, Wachtürme errichtet, und die nach § 58 verurteilten Häftlinge in Etappen herantransportiert. Diese Einrichtung erhielt die Bezeichnung U-235 (Anhang 2).

Das Lager war im Vergleich zum GULAG nicht groß, unterschiedlichen Quellen saßen etwas mehr als tausend Gefangene dort ein. Die meisten von ihnen waren "politische", aber in den Kriegsjahren wurden auch Banditen wie die "Waldbrüder" (Nationalisten aus den baltischen Staaten), Bandera-Kämpfer aus der Westukraine, Diebe und Mörder hier eingeliefert. Das Verhältnis zwischen politischen Gefangenen und Kriminellen funktionierte nicht auf Anhieb, und um es irgendwie in den Griff zu bekommen, wurde dreihundert Meter von der Zone entfernt eine Hochsicherheitsbackere gebaut, in die besonders schuldig gewordene Gefangene verlegt wurden.

Das Lagernetz des KrasLag befand sich in den Bezirken Sajansk und Irbejsk. Es handelte sich um die Siedlungen Tugatsch, Ulje, Kan-Okler, Marin Klin, Schidorba, Wjerch-Kuscho, Schamki, Orje, Mamsa, Skwosnoje, Ust-Kuscho, Samsonowka und viele andere, die für ihre Geschichte berüchtigt sind und heute nicht mehr auf der Karte des Bezirks Sajansk verzeichnet sind. (Anhang 1) Der Hauptzweck der Arbeitslager war der Holzeinschlag und die mit der Holzverarbeitung verbundene Produktion. Dort arbeiteten die Häftlinge, darunter auch politische Häftlinge. Sie drehten Baumstämme um, die viel zu schwer waren, verlegten Knüppeldämme durch praktisch unpassierbare Sümpfe und Moore. Sie leisteten bei jedem Wetter Schwerstarbeit, bei Schnee und Regen, in der heißen Sommersonne und in beißender Kälte. Es gab keine Maschinen: Sie bauten die Straßen mit ihren eigenen Händen. Und heute ist es unmöglich, genau zu zählen, wie viele Menschen in diesen Wäldern und Sümpfen umgekommen sind, wie viele von ihnen von ihren Unglückskameraden "ohne Kreuz" begraben wurden.

In der Einrichtung U-235 verbüßten Häftlinge aus allen Republiken der UdSSR ihre Strafe aus Gründen ihrer Nationalität: Russen, Ukrainer, Letten, Litauer, Esten, Tadschiken, Kasachen und andere. Während des Krieges waren auch Bürger aus Polen, Deutschland, Japan, China, Rumänien, Griechenland und der Türkei darunter.

Die Bedingungen für die Häftlinge waren unerträglich: Bei bitterem Frost im Winter trugen sie lediglich wattierte Jacken; in den Baracken wurden sie von Bettwanzen zerfressen, im Sommer - von Stechmücken, Schnaken und anderem Geschmeiß. Es gab nur 400 Gramm Brot pro Tag, dünnflüssige Brühe, Haferschleim auf Wasser; die Länge des Arbeitstages, obwohl gesetzlich auf neun Stunden festgelegt, wurde nie eingehalten. Um den Plan zu erfüllen, arbeiteten sie 10-12 Stunden. Diejenigen, die unzufrieden waren, wurden sofort in die BUR, die Strafbaracke, verlegt, in der unvorstellbar unmenschliche Bedingungen herrschten. Die Todesrate in diesen Lagern schwankte in verschiedenen Jahren zwischen 8 % und 26 %.

Einen besonderen Platz in großen Lagern wie Tugatsch, Mamsa und Stepanowka nahmen die Hochsicherheitsbaracken ein. Sie fungierten als Strafzellen. Man schickte diejenigen dorthin, die gegen das geltende Regime verstießen, sich weigerten zu arbeiten, Fluchtversuche vorbereiteten oder Gewalt gegen andere ausübten. Schließlich handelte es sich bei den Häftlingen des KrasLag nicht nur um nach dem politischen Artikel 58 verurteilte Personen, sondern auch um Kriminelle. Starke Kerle wurden in die BUR gebracht, um sie zu unterwerfen, und halbkranke Männer, die geschwächt waren und Hunger litten, wurden zurückgebracht. Die Menschen wurden in der Strafbaracke ohne Licht gehalten.

2. Schicksale von nach § 58 verurteilten politischen Gefangenen

Einst waren die taiganahen Siedlungen des Sajan-Distrikts ein einziger riesiger GULAG, in dem sowohl kriminelle als auch politische Verbrecher inhaftiert waren. In diesen Lagern gab es genug Banditen, Diebe, Bandera-Kämpfer, Waldbrüder, Räuber und Mörder. Aber es gab auch viele zutiefst anständige Menschen, die aus politischen Gründen per Etappe nach Sibirien geschickt wurden. Erstaunliche Menschen haben die Tugatschinsker KrasLag-Abteilung durchlaufen.

Amirow Chodscha war uigurischer Nationalität. 1937 wurde er von einer Troika des NKWD wegen konterrevolutionärer nationalistischer Aktivitäten zu 10 Jahren Haft verurteilt. Vor seiner Verhaftung arbeitete er als Instrukteur des Regionalkomitees der Kommunistischen Partei Kasachstans, zuvor lehrte er höhere Mathematik an der Universität Alma-Ata. Er beherrschte 8 Sprachen, darunter auch Arabisch, und spielte virtuos Geige. In der Haft freundete er sich mit dem Lagerkommandanten Alexander Iwanowitsch Schtschebljakow an und heiratete nach seiner Entlassung dessen Tochter Maria, eine Grundschullehrerin. Er arbeitete als Buchhalter im Orjinsker Holzstützüunkt der Tugatschinsker Forstwirtschaft (in den 40-50er Jahren gab es dort auch ein Lager). Sie luden ihn nach Krasnojarsk ein, um als Dolmetscher für Arabisch zu arbeiten, aber er weigerte sich, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Er starb an Tuberkulose, die er sich in den Lagern zugezogen hatte, und wurde auf dem Friedhof des Dorfes Orje beigesetzt. Er hatte zwei Kinder. Sie wurden im Lagerland geboren und haben das Land der ehemaligen Lager nie verlassen. Seine Tochter Valentina ist Lehrerin und lebt im Irbeijsker Bezirk, sein Sohn Anatolij, ein ehemaliger Seemann und U-Boot-Fahrer, ist im Ruhestand und lebt im Dorf Aginskoje im Sajan-Bezirk. Die Verwandten von Chodscha Amirowitsch verließen Alma-Ata nach seiner Verhaftung in aller Eile in Richtung Kuldja (China). Auch seine erste Frau verließ das Land und ließ ihren kleinen Sohn bei Fremden zurück. Der Junge wurde adoptiert und erhielt einen anderen Namen, damit der Schatten seines unterdrückten Vaters nicht sein Leben zerstören würde. Nach seiner Rehabilitierung suchte Amirow lange Zeit nach seinem Sohn, fand ihn aber nicht. Seine Kinder aus der zweiten Ehe fanden ihn, sie stellten auch den Kontakt zu seinen Verwandten in Alma-Ata her, die in den 70er Jahren das Grab seines Sohnes und seines Bruders besuchten und den Kontakt zur zweiten Familie aufrechterhielten. Diese Verbindung ist nach dem Zusammenbruch der UdSSR verloren gegangen. (Anhang Nr. 1)

In Sajansk erinnert man sich noch an einen ehemaligen Sträfling, den tschechischen Arzt Heinrich Nowotny, der mit einer Etappe aus Tula nach Tugatsch kam. (Anhang 3) Er arbeitete als Gynäkologe in Simferopol, wo er verhaftet und wegen Denunziation verurteilt wurde. Artikel 58. Angeblich hat er gesagt, dass deutsche Panzer besser seien als sowjetische. Obwohl er nach Aussage von G.I. nichts von militärischer Ausrüstung verstand und solche Dinge überhaupt nicht hätte behaupten können. Dennoch wurde er zu 10 Jahren Strafkolonie verurteilt. Zunächst verbüßte er seine Strafe in Reschoty, dann wurde er nach Tugatsch verlegt. Hier übte er die Ämter des Therapeuten, Chirurgen und Gynäkologen aus. Er war ein Arzt von Gott. Er war der Einzige, der sich gegen die Lagerleitung behaupten konnte. Bei niedrigen Wintertemperaturen verbot er den Brigaden die Arbeit in den Wäldern mit den Worten: "Ich werde der Polizei schreiben, dass Sie die Leute absichtlich zu Grunde richten, um den Plan nicht zu erfüllen". Und sie hatten Angst vor ihm. Er behandelte jeden, der zu ihm kam, und die Leute kamen aus der gesamten Region Krasnojarsk. Er führte Operationen in offenen Körperhöhlen durch, behandelte Brüche und erkannte Hautkrebs. Nach seiner Freilassung blieb er in der Siedlung Tugatsch, heiratete Sofia Trofimowna Tschaikina, Vorarbeiterin aus Gladkowo, adoptierte ihre Tochter Valentina und brachte seiner Frau alle Geheimnisse der Kunst einer Operationsschwester bei; sie assistierte ihm später bei Operationen. Heinrich leitete das Krankenhaus, nahm als praktischer Arzt Patienten auf, operierte als Chirurg, entband als Geburtshelfer und Gynäkologe. Er lebte und arbeitete bis 1970 in Tugatsch und zog dann nach einer Schulterverletzung nach Krasnojarsk. Meine Großmutter Kurikina Gerasimowna arbeitete mit ihm im Kreiskrankenhaus. Ihr zufolge war Novotny sehr anspruchsvoll und streng, er bestand auf absoluter Sterilität des medizinischen Personals des Krankenhauses. Er schimpfte nie vor Außenstehenden über die Schuldigen. Er eilte beim ersten Anruf zu jeder Tages- und Nachtzeit zu den Schwerkranken und leistete die notwendige Hilfe.
Februar 1964. Nacht. Schrecklicher Frost. Harte Arbeit. Eine Frau, die in den Wehen lag, verlor sehr viel Blut. Die Hebamme tut alles, was sie kann, aber ohne Erfolg. In wenigen Minuten stand er vor der Tür der Entbindungsstation, in seinem Schlafanzug, in seinen Hausschuhen, ohne Hut, außer Atem. Nachdem er alles Notwendige getan hatte, rettete er die Frau. Und er war 68 und wohnte nicht in der Nähe des Krankenhauses. Ein solcher Arzt und eine solche Person war G.I. Navotny.

1939 kam der Arzt und Veterinär F.P. Sudakow Transbaikalien ins Lager und arbeitete in einer Kolchose als Assistenzveterinär. Nachdem es ein Viehsterben gegeben hatte, wurden 40 Personen vor Gericht gestellt, 35 von ihnen erschossen, fünf kamen ins Gefängnis. Firs Petrowitsch war einer von ihnen. Im Jahr 1941 wurde ein Krankenhaus gebaut, in dem Pferde behandelt werden mussten. Es gab 200 Pferde im Lager, da die gesamte Arbeit mit Pferden erledigt wurde. Nach der Befreiung blieb er in Tugatsch, heiratete und lebte mit seiner Familie in einer Baracke, deren eine Seite ein Krankenhaus war. Niemand im Dorf kannte einen kompetenteren und sachkundigeren Spezialisten. 1971 zog er zu seiner Tochter in die Stadt Schewtschenko. (Anhang 4)

Sawelij Nikolajewitsch Nossow wurde 1908 im Dorf Bogorodskoje im Bezirk Jekaterinoslawsker Gouvernement (Gebiet Dnjepropetrowsk) in einer Bauernfamilie geboren. Sein Vater besaß Pferde, war Kutscher von Beruf und zog fünf Kinder groß. Sawelij war der klügste von ihnen, er lernte gut, zeichnete und spielte Klavier. Er war für das Volkskommissariat für Landwirtschaft tätig. Man schickte ihn zu einer Landwirtschaftsausstellung in Tschita. Es gefiel ihm in Sibirien, er blieb dort und begann, als Lehrer zu arbeiten. Er sammelte eine umfangreiche Bibliothek. Jemand fand Gefallen an dieser Bibliothek, es wurde eine Denunziation geschrieben, der Lehrer wurde in Haft genommen und landete als "deutscher Spion" in Kraslag. Er verbrachte 10 Jahre in Lagern in Tugatsch und Mamsa. Der Lehrer, Künstler und Musiker arbeitete von 1937 bis 1947 als Holzfäller in der sibirischen Taiga und verbrachte dann weitere 8 Jahre in einer Siedlung in der Stadt Orje. Dort heiratete er und bekam 3 Töchter. Sie lebten sehr arm, obwohl sie eine kleine Hofwirtschaft unterhielten: eine Kuh, Schweine, Hühner. Im Holzgewinnungsbetrieb gab es keine Arbeit für Frauen, deshalb kümmerte sich Sawelbj Nikolajewitschs Ehefrau um Kinder und Vieh. Er selbst arbeitete als Lagerarbeiter für ein miserables Gehalt. Der Lohn war nur für diejenigen hoch, die im Wald arbeiten konnten, wozu er nicht in der Lage war: Er litt an Tuberkulose. Im Haus gab es außer den Betten keine Möbel. Das war auch nicht nötig, denn die Familie besaß keine zusätzliche Kleidung. Dafür aber gab es ein vierbändiges Werk von Wladimir Dahl. N.A.Popowa erinnert sich: "Das Haus der Nossows machte einen sehr freundlichen Eindruck. Im Winter gingen wir für gewöhnlich mit den Kindern zu ihnen und lasen Bücher, wobei wir besonders gern in Dahls "Erklärendes Wörterbuch" herumstöberten. Ein solches Wörterbuch gab es nur in ihrer Familie. Nicht einmal in der Schulbibliothek konnte man es finden. Und das Seltsamste war, dass die Decken auf den Betten zwei Löcher aufwiesen. Ich verstand nicht, warum zwei Löcher in den Decken waren, die sorgfältig an den Rändern abgeschnitten waren. Es stellte sich heraus, dass es sich nicht um Decken handelte, sondern um genähte Abdeckungen für die Motorhauben von "Ural"-Autos (sie dienten zur Abdeckung der Motoren bei strengem Frost), die Löcher waren für die Scheinwerfer bestimmt. Sawelij Nikolajewitsch wurde voller Mitleid erlaubt, sie aus dem Lagerraum des Leiters der Forstabteilung I.S.Dimitrow zu holen und mit nach Hause zu nehmen, damit die Kinder etwas zum Zudecken hatten.
Erst 1955 wurde er den Unterlagen zufolge aus Mangel an Beweisen für seine Schuld entlassen.

In dem Buch "Von Sibirien nach Sibirien" erzählt L.K. Miller von bemerkenswerten Menschen, die im Tugatschiner KrasLag gesessen haben und später als Lehrer in der Sekundarschule des Dorfes Tugatsch tätig waren: "Klawdija Gurjanowa (Ljamkina) - geboren 1925 in der Region Dschambul. Sie studierte an der pädagogischen Schule von Dschambul. Im Jahr 1939 wurde sie aufgrund der Anklagen wegen konterrevolutionärer Tätigkeit nach Artikel 58.10 verhaftet und von einer Sonderkontingent des NKWD des Dschambuler Gebiets für 10 Jahre der ITL verurteilt. Diese kluge, anständige, moralische junge Frau traf 1940 mit einer Etappe in einem Lager in Tugatschinsk ein. Klawdija Grigorjewna schien alles zu können: nähen, sticken, gut kochen und so weiter. Das Wichtigste war, dass sie nie ihre Stimme erhob oder fluchte. Diese Frau hatte die Grausamkeiten der Lager miterlebt. Ich war sehr erstaunt, dass sie trotz all der Torturen, die sie durchgemacht hatte, nicht verbittert war. Damals habe ich verstanden, dass man keinen Ärger entwickeln und ihn nicht anhäufen darf. Sie wurde 1958 rehabilitiert und lebte bis 1979 in Tugatsch, wo sie als Lehrerin in einer Schule in Tugatschinsk arbeitete. So verlief ihr Schicksal doch noch erfolgreich. Sie hatte immer davon geträumt, Lehrerin zu werden, und sie wurde es auch. Sie heiratete den ehemaligen Frontsoldaten Boris Gurjanow und brachte zwei Kinder zur Welt. Nach dem Tod ihres Mannes begab sie sich zurück in ihre Heimatstadt Dschambul, wo sie starb. (Anhang 5)
Elena Fjodorowna Schewzowa, Grundschullehrerin an der Tugatschinsker Schule, geboren in der Region Krasnodar, kam zusammen mit ihrem Mann (der unter Aufsicht der Kommandantur in die Verbannung ging) als technische Leiterin für Forstwirtschaft. Nach seinem Tod im Jahr 1959 setzte sie ihre Arbeit in der Schule als Lehrer für Grundschulklassen fort. "Lehrerin von GOTT gesandt" - so nannten die Eltern sie. Ende der 60er Jahre ging sie nach Krasnodar zu ihrer Schwester, wo sie Ende der 80er Jahre starb. Mit Beginn des Krieges kamen die Wolgadeutschen ins KrasLag. Nikolaj Sergejewitsch Probst (Gottlieb Ludwigowitsch, deutscher Nationalität) - Lehrer für Arbeit, ein angesehener Mechaniker im Dorf, war großen Entbehrungen ausgesetzt. Er kam zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter ins Tugatschinsker KrasLag, lebte zunächst im Dorf Marin Klin, arbeitete im Kraftwerk und ließ sich später in Tugatsch nieder. Er war 1937 in der Wolga-Region, wo er als Lehrer tätig war, Repressalien ausgesetzt. Sie kamen und verhafteten ihn während des Unterrichts und beschuldigten ihn der antisowjetischen Propaganda, denn G.L.Probst war ein gebildeter Mensch, der viel gelesen hatte, darunter auch Artikel von Bucharin. Es dauerte nicht lange, bis er denunziert wurde. Der Mann hatte goldene Hände, er war bekannt für seine deutsche Pedanterie und Ordentlichkeit; sein Haus war das ungewöhnlichste und ordentlichste in der Siedlung, alle Bäume und Sträucher im Garten waren gestutzt und gekalkt, die Blumenbeete fachmännisch angelegt, und die Blumen blühten den ganzen Sommer hindurch. Er wurde oft von den Bewohnern des Dorfes gebeten, etwas herzustellen oder zu reparieren. Er starb 1990 und liegt auf dem Friedhof des Dorfes Tugatsch begraben. (Anhang 5)

Lydia Gerassimowna Slepets erinnert sich mit Schmerz und Bitterkeit an das Schicksal ihres Vaters Gerassim Aleksandrowitsch Bersenjew, der am 17. März 1915 geboren wurde. "... Im Jahr 1937 arbeitete er in der Altai-Region als Fahrer, der den Vorsitzenden einer Kolchose und den Vorsitzenden des Dorfrates zu ihren offiziellen Geschäften fuhr. Mein Vater wurde aufgrund eines anonymen Briefes wegen des "Anhängers"nach Artikel 58 verhaftet: Er hatte sie gefahren, war also ein Komplize. Er wurde von einer NKWD-Troika zu 10 Jahren verurteilt und ohne das Recht auf Korrespondenz in das Tugatschinsker KrasLag überstellt. Das Leben der Gefangenen war nicht schön. Sie arbeiteten im Sägewerk, fällten Bäume von Hand und transportierten die Stämme mit Pferden ab, wobei sie selbst bis zur völligen Erschöpfung schufteten und auch die Pferde durch die harte Arbeit zugrunde richteten. Die Stämme wurden zum Ufer des Flusses Kan gebracht. Die Häftlinge rollten das Holz in den Fluss und trieben es von Hand, wobei sie 7-8 Stunden oder sogar den ganzen Tag hüfthoch im Wasser standen. Wegen des Wassers und des Sandes in ihren Stiefeln rieben sie sich die Füße bis aufs Blut auf und kehrten am nächsten Tag in dasselbe Wasser zurück. Das Essen war ekelhaft; sie mussten aus einem Trog für Ferkel, welche für die verantwortlichen Offiziere gehalten wurden, Essen stehlen. Wer einen Tag lang in der Strafzelle saß, erhielt 200 Gramm Brot und eine Tasse Wasser sowie 8 Kilo Brennholz zum Heizen. Doch was konnte man mit diesem Brennstoff im Winter schon beheizen? Wenn die Gefangenen all das aushielten und aus der Strafzelle entlassen wurden, wurden sie vom scharfen Wind durchgeschüttelt und das Stroh unter ihren Füßen fühlte sich an wie ein dicker Baumstamm. Die meisten Wärter schikanierten die Gefangenen, aber es gab auch einige anständige unter ihnen. Sollten sie versuchen zu fliehen, so lautete der Befehl, dass diejenigen, die sich widersetzten, auf der Stelle erschossen würden. Die Sträflinge wurden zu Beginn ihrer Einweisung ins Lager noch in separaten Särgen beerdigt, aber die Leute starben so oft, dass keine Zeit blieb, Särge für sie anzufertigen, man nahm einen in einem Sarg mit, kippte ihn in eine gemeinsame Grube und fuhr mit diesem Sarg zum nächsten. Später wurde mein Vater in ein Fahrzeug gesetzt und er transportierte das Holz auf einer Bohlen-straße. Es handelte sich um eine sehr komplexe Konstruktion aus Holz mit Brettern, die etwas breiter waren als das Wagenrad. Es war ein sehr gefährlicher Weg, vor allem bei Regen und im Winter, wenn sie vereist war. Diese Straße hat viele Leben von Autofahrern und Straßenbauern ruiniert. Vater hatte in den Kriegsjahren dreimal darum gebeten, an die Front geschickt zu werden, was jedoch abgelehnt wurde, da die Armee immer noch mit dem Feind zu kämpfen hatte. Mein Vater wurde am Ende seiner Dienstzeit 1947 entlassen. In Kapitonowo lernte er meine Mutter kennen, eine verwitwete Soldatin mit drei Kindern, und er blieb für den Rest seines Lebens in unserem Bezirk. Auf die Anfrage meines Vaters bei den NKWD-Stellen des Gebiets Ost-Kasachstan erhielt er eine Antwort, in der es hieß, dass Gerassim Alexandrowitsch Bersenjow wegen fehlender Verbrechen rehabilitiert wurde, aber zehn Jahre GULAG nicht spurlos an ihm vorübergegangen waren. Papa starb am 19. November 1981 im Alter von 66 Jahren an einem Myokardinfarkt. (Anhang 4)

Wassilij Iwanowitsch Ljutow, ein politischer Häftling, arbeitete als leitender Zootechniker in der U-235-Zentrale oder im Büro (im ersten Stock), wo sich die landwirtschaftliche Abteilung befand. Wassilij Iwanowitsch kam, lebte 2-3 Tage, prüfte und erklärte die Viehzucht. Er kam auch in den zweiten Nebenbetrieb im Dorf Samsonowka, 40 km von Tugatsch entfernt. Er lebte dort 2-3 Tage. Er mochte es nicht, im Büro, in einer Amtsstube zu sein. Er interessierte sich mehr für die Viehzucht selbst. Nach Aussage der Häftlinge war er ein ernster, zurückhaltender und höflicher Mann. Aber oft traurig. Nach der Arbeit sah man ihn in seiner Freizeit oft mit einem Buch, und er las alles. Er sprach nicht viel. Er hatte in letzter Zeit im Dorf Tugatsch im Schulhaus in einem kleinen Zimmer gewohnt. Er erkrankte an Lungentuberkulose. Gestorben im Herbst 1950. Der Sarg mit seinem Leichnam befand sich im Dorfklub von Tugatsch, wo die Dorfbewohner und diejenigen, die mit ihm zusammengearbeitet hatten, von ihm Abschied nahmen. Begraben in der Gemeinde Tugatsch (Friedhof der Dorfbewohner). Das Grab von Wassilij Iwanowitsch blieb anonym, im Laufe der Jahre vergaßen die Einheimischen, wo er begraben war, und als im August 1989 seine Tochter Ljutowa Irina Wassiljewna nach Tugatsch kam, konnte man ihr das Grab ihres Vaters nicht zeigen. Mit Hilfe der Dorfbewohner deckte Irena Wassiljewna den Hügel auf dem Dorffriedhof ab und errichtete ein Denkmal mit einem Foto von Wassilij Iwanowitsch Ljutow. Von nun an war es das Grab ihres Vaters, das Maria Pawlowna Charchunowa bis an ihr Lebensende pflegte. Während ihres Besuchs traf Irina Wassiljewna Ljutowa als Mitglied des Koordinierungsrates der Nowosibirsker "Memorial"-Gesellschaft mit G.N. Bjakow und I.F. Tytschinin zusammen, ehemaligen Häftlingen, die nach Artikel 58 verurteilt worden waren und im Tugatschinsker KrasLag gesessen hatten, und veröffentlichte deren Erinnerungen.

Gennadij Nikolajewitsch Bjakow, geboren 1904, erinnert sich. (Der Stil des Autors wird beibehalten). "Geboren im Gebiet Kirow, Urschumsker Kreis, Selenursker Dorfrat, Dorf Tokari, in einer Bauernfamilie, Russe. Meine Ausbildung - 4 Schulklassen. Am 2. Dezember 1937 wurde ich verhaftet. Zu dieser Zeit arbeitete ich als Leiter des Stützpunktes des bezirksübergreifenden Viehbeschaffungskontors. Sie beschuldigten mich der Sabotage: Artikel 58. Dann wendeten sie sich dem Artikel 111 zu, dem Missbrauch von Amtspflichten, als ob das Futter nicht an das Vieh verfüttert, sondern ihm vor die Füße geworfen worden wäre, als ob es keine Gewichtszunahme gegeben hätte. Mir musste etwas vorgeworfen werden, denn ich war bereits seit sechs Monaten ohne Prozess im Gefängnis. Ich verlangte Zeugen, aber keiner von ihnen beschuldigte mich. Sie verurteilten mich zu 5 Jahren Gefängnis und dem Verlust meiner Rechte. Ich wurde in die Region Krasnojarsk in das Lager Tugatschinsk verbannt. Das war 1938. Ich stand nicht unter Wachbegleitung, wie ein Kleinkrimineller. Zunächst arbeitete ich als Pförtner, Vorarbeiter, dann als Leiter des Pferdeparks. Und nach Absitzen der Strafe blieb ich für immer hier. Ich habe geheiratet und Kinder bekommen". (Anhang 6)
"Illarion Fjodorowitsch Tytschinin, geboren 1906. Geboren in der Region Woronesch, Semljansker Bezirk, Dorf Dolgoje. Bildung - 4 Schulklassen vor der Revolution. Ich stammte aus einer Bauernfamilie, Russe.

Im Dezember 1925 trat ich der Komsomolzen-Organisation bei. 1927 wurde ich zum Vorsitzenden des Komitees für gegenseitige Hilfe für die armen Bauern gewählt. Dann meldete ich mich in einer Betriebsfachschule an, um den Beruf des Schreiners zu erlernen. Ich begann mit der Ausbildung, wurde aber 1929 in das Dorf Dolgoje zurückberufen, weil ich Komsomol-Mitglied und ein Dorfbewohner mit vielen Kenntnissen war; ich wurde zum Sekretär des Dorfrates und zum nicht-ausgeschiedenen Sekretär der Komsomol-Zelle gewählt, war Kandidat der All-Russischen Kommunistischen Partei (Bolschewiken).

Im Mai 1937 las ich in der Zeitung "Woronescher Kommune", dass Jan Borissowitsch Gamarnik, Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der All-Russischen Kommunistischen Partei (Bolschewiken) und Leiter der Politischen Abteilung der Arbeiter- und Bauernarmee, angeblich in ein antisowjetisches Verbrechen verwickelt war und aus Angst vor Entdeckung Selbstmord begangen hatte. Als ich dies in der Zeitung las, sagte ich, dass ich nicht glaube, dass dieser alte Bolschewik, der eine so verantwortungsvolle Tätigkeit ausübe, antisowjetisch und ein Verbrecher sein kann, dass er einfach nicht nach Stalins Pfeife tanzen würde. Denn zu diesem Zeitpunkt waren Tuchatschewski, Ubarewitsch, Blücher und andere bereits verhaftet worden. - und das ganze Volk hatte davon gehört. All dies habe ich in Anwesenheit von zwei Personen gesagt. Der eine war ein Kommunist, gegen den anderen wurde wegen Veruntreuung ermittelt. Also denunzierte er mich beim NKWD.
Am 26. Juli 1937 kam ich zum Dorfrat, und man brachte mich sogleich ins Gefängnis von Woronesch. Ich saß dort zehn Monate. Nach dem Prozess verurteilte mich ein Sonderkollegium zu acht Jahren Gefängnis sowie dem Entzug aller Rechte gemäß Artikel 58, Absatz 10 (antisowjetische Agitation), weil ich den Führer beleidigt hatte. Und sie schickten mich mit einer Etappe nach Krasnojarsk, von einem Lager ins andere. Das letzte Lager befand sich im Sajansker Bezirk, in Tugatsch. Im Juli 1945 war die Zeit der Strafverbüßung vorbei, aber ich bekam nicht das Recht, die Region zu verlassen.
Zu dem Zeitpunkt, als ich im Gefängnis von Woronesch in der Zelle ¹ 32 war, befanden sich in dieser Zelle 55 Personen, alle nach § 58 angeklagt. Die meisten von ihnen waren stellvertretende Chefs der regionalen Wirtschaft und Parteifunktionäre.

Nach unserer Entlassung durften wir den Ort nicht verlassen, aber wir bekamen Arbeit. 1948 heiratete ich Maria Pawlowna hier in Tugatsch und lebte für den Rest meines Lebens mit ihr zusammen. Ich wurde rehabilitiert, ich war nicht schuldig gewesen“. (Anhang 6)

Die Menschen starben und wurden begraben, aber es gibt keine Friedhöfe in den ehemaligen Lagerbereichen. Die Grabstätten sind nicht gekennzeichnet. Der Friedhof, auf dem die Sträflinge, die im TugLag ihre Strafe verbüßt hatten, begraben wurden, lag außerhalb der Zone. Die Gräber blieben namenlos, niemand kümmerte sich um sie, mit der Zeit wurden die Hügel eingeebnet, und das Gebiet konnte kaum noch als Friedhof bezeichnet werden. (Anhang 7).
Auf dem Friedhof, auf dem die Häftlinge begraben wurden, steht heute eine dicke Wand aus Tannen. Unter dem Tannendickicht sind flache, mit Moos und Gras bewachsene Mulden zu sehen. Dies sind die Gräber derer, die dazu bestimmt waren, für immer in Sajansker Erde zu bleiben. Ein umgestürzter Holzzaun und ein schweres, von der Zeit verrottetes Kreuz, das auf dem Boden liegt, befinden sich noch an der Stelle eines der Gräber. Einst war dieses Grab in einem gepflegten Zustand: eine Frau, eine Verwandte des Verstorbenen, pflegte es zu besuchen. Aber die Jahre sind vergangen und es gibt niemanden mehr, der sich um das Grab kümmert. (Anhang 7)

Siebzig Jahre später, am 3. Oktober 2010, wurde ein Denkmal für die Opfer der politischen Repressionen, die in der Haft starben, neben den noch erhaltenen Gebäuden des Strafbunkers im Dorf Tugach errichtet, um die Nachkommen an diese schrecklichen, schmerzhaften und blutigen Jahre zu erinnern. Initiiert wurde es von Lehrern und Schülern der Aginsker Hauptschule Nr. 2, der Tugatschinsker Dorfverwaltung (dem Leiter der Dorfverwaltung N. Starikow) mit Unterstützung von A. Antonow, einem Abgeordneten des Bezirksrats. (Anhang 7) Jedes Jahr am 30. Oktober, dem Tag des Gedenkens an die Opfer der politischen Repressionen, versammeln sich alle, denen das Schicksal der unterdrückten Landsleute - der Sajaner - nicht gleichgültig geblieben ist, an dem Denkmal.

Am 27. Oktober 2016 wurde ein orthodoxes Kreuz auf der Grabstätte der politischen Gefangenen errichtet, das anschließend von Vater Johann, dem Prior der Kirche St. Nikolaus der Wundertäter im Dorf Aginskoje, geweiht wurde. (Anhang 7) Er hielt einen Gedenkgottesdienst für die Verstorbenen auf dem Friedhof ab.

Schlussbemerkung

Die Arbeit zu diesem Thema war für mich eine echte Entdeckung: Ich lernte die Errichtung und die Fünktionsweise eines Lagers auf dem Territorium der Siedlung Tugach kennen.

Auf dem Gebiet des Sajansker Bezirks gab es mehr als zehn Lagerstellen. Die Haftbedingungen der politischen Gefangenen waren unerträglich: harte Arbeit, Nahrungsmangel, Verhöhnung durch die Wachen.

Erstaunliche Menschen haben das Tugatschinsker KrasLag durchlaufen. Unter ihnen befanden sich viele sehr anständige Menschen, die aus politischen Gründen nach Sibirien verschickt worden waren: Lehrer, Ärzte, Ingenieure, Künstler, Musiker, Wissenschaftler, Komsomol-Aktivisten und Berufsoffiziere. Vielen von ihnen wurde das Recht auf Rückkehr in ihre Heimat verwehrt; sie blieben hier in Sibirien, einige von ihnen gründeten neue Familien, einige hatten Frauen und Kinder.

Verurteilte aus allen Republiken der Sowjetunion verbüßten in TugLag ihre Strafe: Russen, Ukrainer, Letten, Litauer, Esten, Tadschiken, Kasachen und andere. Während des Krieges verbüßten hier auch Bürger aus Polen, Deutschland, Japan, China, Rumänien, Griechenland und der Türkei ihre Strafe.

Die Geschichte des KrasLag ist für immer in die Geschichte unseres Landes eingeschrieben. Es ist eine eigene Seite, bitter, grausam und hart, und nachdem ich sie umgeblättert habe, werde ich nie in der Lage sein, diejenigen zu vergessen, die unter dem totalitären Regime gelitten haben, die unverdientermaßen das schändliche Etikett "Volksfeind" trugen, die Bäume fällten, Straßen bauten und Kanäle gruben.

"Manchmal werden wir von einer Sehnsucht nach Gefühlen ergriffen, die wir nie empfunden haben. Sogar eine Sehnsucht nach früherem Leid".
Heinrich Heine

Literaturangaben

1. Archiv des Sajansker Bezirks
2. W.J. Obermann «Über Menschen und ein wenig über mich selbst»
3. Persönöiche Erinnernungen von Ì.À. Schtschebljakowa, W.Ch. Amirowa, L.K. Miller, N.S. Nossowa, G. N. Bjakow, I.F.Tytschinin, D.I. Scherstnjow, T.I. Perzewa, N. Donez, A.G. Kurikina, K. Jakobi, L.G. Slepez.
4. L.K. Miller «Von Sibirien nach Sibirien»
5. «Schwarzbuch des Kommunismus», Moskau. Drei Jahrhunderte Geschichte. 2001.

Anhang

Anhang 1


Karte des Tugatschinsker Lagers und seiner Lageraußenstellen


Chodscha Amirow nach seiner Freilassung

Anhang 2


Einrichtung – 235 (Emblem des Tugatschinsker Lagers)

Anhang 3


Foto aus dem Familienarchiv des G.I. Nowotnij

Anhang 4


F.P. Sudakow


G.A. Bersenjow

Anhang 5

Repressierte Lehrkräfte


K.G. Kurjanowa


N.S. Probst


J.F. Schewzowa

Anhang 6


I.F. Tytschinin


G.N. Bjakow

Anhang 7


Denkmal für die Opfer der politischen Repressionen


Eines der Häftlingsgräber


Orthodoxes Kreuz


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