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Eine Spur auf Bogutschaner Boden (Anna Dominikowna Larskaja)

Autorin: Nina Michailowna Tolstych
Arbeitsstelle: J.N. Schedwortas, Café „Oasis“, Barkeeper

Eine Spur auf Bogutschaner Boden (Anna Dominikowna Larskaja)
Aktion „Politisch Verfolgte Akteure aus dem Bereich der Kultur und Kunst in der Geschichte der Region Krasnojarsk“

Die politischen Repressionen umfassen eine ganze Epoche im Leben unseres Landes – eine bittere und schreckliche Zeit. Den Verfolgungen waren Arbeiter, Bauern, Angehörige der Intelligenz, Offiziere, Kirchendiener ausgesetzt.

Es ist äußerst schwierig, heute exakte Aussagen darüber zu treffen, wie viele Menschen unter der Grausamkeit der Politiker und neuer Umgestaltungsmaßnahmen im Lande zu leiden hatten. Genaue Berechnungen sind hier praktisch unmöglich. Denn zahlreiche politische Verfahren, die gegen Menschen eröffnet wurden, unterlagen der strengsten Geheimhaltung, wurden ohne große Erregung der Aufmerksamkeit durchgeführt oder waren prinzipiell überhaupt nicht vorhanden.

Unser Bogutschaner Bezirk war ein Verbannungsort für Menschen, die politischen Verfolgungen ausgesetzt waren.

Eine von ihnen war Anna Dominikowna Larskaja. Ende der 1940er, Anfang er 1950er Jahre verbüßte sie ihre Verbannungsstrafe in der Ortschaft Bogutschany.

„In den 1950er Jahren traf die nach Bogutschany verbannte Schauspielerin des Jaroslawsker Theaters Anna Dominikowna Larskaja bei uns ein, die nach §58 verurteilt worden war und zuvor im Hohen Norden fast 10 Jahre im Lager gesessen hatte. Sie war zu dem Zeitpunkt bereits über 50 Jahre alt. Ihre große Lebens- und Schaffenserfahrung fiel auf den gesegneten bogutschaner Boden; sie unterrichtete die Leiter der Dramaturgie-Zirkel, wie man fehlerlos, professionell Aufführungen inszeniert. Sie brachte den Amateur-Schauspielern bei, wie man richtig spricht, sich auf der Bühne bewegt, die Autoren jener Werke versteht, die man auf die Bühne zu bringen gedachte.

Mit strenger Disziplin verlangte Anna Dominikowna das auch von allen Teilnehmern. Es gab keine Fälle, in denen sich jemand verspätete oder nicht zu den Proben erschien. Das zu tun war gänzlich unmöglich. Pflichtbewusstsein und Kompetenz – das waren die Hauptmerkmale in Anna Dominikownas Charakter. Der Umgang mit dieser hoch gebildeten, schönen Frau gab jedem der Mitwirkenden im dramaturgischen Zirkel am Bezirkskulturhaus eine Menge.
Der Umgang mit ihr stellte eine geistige Bereicherung für jeden Menschen dar, und es gelang oft mit ihr Kontakt zu haben. Die Schauspieler fürchteten sie, vergötterten und liebten sie aber zugleich.

Spärlich war es um die Requisiten im Dramaturgie-Zirkel bestellt, die Stücke betrafen ganz unterschiedliche Themenkreise, besonders häufig wurden jedoch klassische Stücke gegeben.
Es fehlte an Kostümen – es war eine Katastrophe. Man verwendete Kostüme von Anna Dominikowna, welche ihr Mann aus Jaroslawl geschickt hatte, und wenn etwas fehlte, dann n nähte sie es selber, mit ihren eigenen Händen.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Bühnenstücke für Erwachsene gedacht waren, zeigte man sie auch den Kindern. Die Prämieren fanden für gewöhnlich an den Samstagen statt. Und am Sonntag fanden die Aufführungen für die Kinder statt – und abends wurden sie dann für die Erwachsenen wiederholt. Der Saal war jedes Mal gut mit Zuschauern gefüllt, die dem meisterlichen Können der Schauspieler lange Beifall klatschten.

Anna Dominikowna bereitete das Theaterstück „Maschenka“ vor (nach einem Stück von Aleksander Nikolajewitch Afinogenow – einem sowjetischen Dramaturgen), und es musste sich wohl folgender Zufall ereignen: am Vorabend der Premiere traf aus Krasnojarsk mit dem gleichen Stück das professionelle Dramaturgie-Theater ein. Die Lien-Schauspieler sind schockiert. Was nun? Wie kann man nach den Berufskünstlern als Amateure spielen? Aber Anna Dominikowna meinte ganz ruhig, dass unsere Aufführung nicht schlechter wäre. Und tatsächlich – zur Premiere war der Saal bis an den Rand gefüllt“.


Auf dieser Bühne inszenierte A.D. Larskaja Theaterstücke

Diese Erinnerungen wurden von Walentina Jegorowna Bordakowa gesammelt, der Leiterin der Abteilung Kultur von 1974 bis 1982, welche Materialien über die Entwicklung der Kultur in unserem Bezirk zusammenstellte. Sinaida Aleksndrowna Pankratowa, die den Dramaturgie-Kursus in der Mittelschule unserer Ortschaft leitete und auch unmittelbar selbst an den Aufführungen mitwirkte, erzählte Walentina Jegorowna von A.D. Larskaja. Sie war Regisseurin zahlreicher Stücke, und die Ergebnisse ihrer mühseligen Arbeit erhielten immer eine hohe Wertschätzung seitens der Zuschauer. Sinaida Aleksandrowna wurde der Titel einer „Amateur-Schauspielkünstlerin“ verliehen.

Und hier nun das, was Gustav Dmitrijewitsch Schilko in seinem Buch „Kleine Heimat“ anmerkt: „Die Eröffnung des Hauses der Kultur im Jahre 1950 war zeitlich abgestimmt mit dem nächstfolgenden Jahrestag der Oktober-Revolution. Eröffnet wurde es mit dem Theaterstück von Kornejtschuk „Das Schneeballstrauch-Wäldchen“, inszeniert vom Regisseur des Dramaturgischen Theaters Odessa – Zarikow – und der Schauspielerin eines der Moskauer Theater – Anna Dominikowna Larskaja.


1950. Haus der Kultur

Hier zeigt sich eine Ungenauigkeit: in Gustav Dmitrijewitschs Buch ist A.D. Larskaja Schauspielerin eines Moskauer Theaters und bei Walentina Jegorowna – Schauspielerin des dramaturgischen Theaters in Jaroslawl. Aber jedenfalls wird konstatiert, dass sie am Jaroslawsker Theater tätig war.

Wie das Leben der Schauspielerin nach der Verbannung verlief, ist nicht bekannt: als sie unseren bogutschaner Boden verließ (nach Angaben des hiesigen Archivs arbeitete A.D. Larskaja im Januar 1953 noch im Bezirkskulturhaus auf dem Posten der künstlerischen Leiterin); ob sie an ihr Heimat-Theater zurückkehrte oder unserer Bühne treu blieb, muss noch herausgefunden werden.

In unserem Bezirk wahren sie die Erinnerung an all diejenigen, die in dieser schrecklichen Zeit leiden mussten. 2009 wurde neben dem Bogutschaner Heimatkunde-Museum ein Denkmal zu Ehren der Opfer der 0politischen Repressionen eröffnet. Jedes Jahr, am 30. Oktober, kommen die Leute aus unserer Ortschaft dorthin, um das Gedenken an die Menschen zu ehren, die nicht aus freiem Willen Bürger des Angara-Gebiets geworden, aber niemals in Zorn geraten sind oder den Glauben an das Gute verloren haben, sondern die vielmehr einen enormen Beitrag zur Entstehung und Entwicklung des Angara-Gebiets geleistet haben.

Quellen-Angaben:

1. Liste über den an Anna Dominikowna Larskaja vom Bogutschaner Kulturhaus im Januar 1953 ausgezahlten Arbeitslohn (Archiv-Abteilung des Bogutschaner Bezirks, Fond R.2, Verz. 2, Dossier 3, Blatt 5)

2. W. Bordakowa. An en Quellen: [Text] / W. Bordakowa.- // „Angarsker Prawda“. – 2004.- 11. Dezember. – S. 4

3. G. Schilko. „Kleine Heimat“. Abrisse zur Geschichte des Bezirks. Teil 2: [Text] / G. Schilko. – Bogutschany, 2000. – S. 65.


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