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Der Hof der Grebs

IM EIGEN-BAU

Acht gediegene Häuser, die in den vergangenen zwanzig Jahren in verschiedenen Ecken des Bezirkszentrums aufgetaucht sind, unterscheiden sich in vorteilhafter Weise von den umliegenden Gebäuden. Entstanden sind sie durch die Bemühungen der Brüder Greb. Es sind zehn an der Zahl. Sie sind keine professionellen Bauarbeiter, sondern alle Mechanisatoren. Acht von ihnen sind Fahrer, und nur der älteste, Viktor Bogdanowitsch, ist von Beruf Traktor- und Mähdrescherfahrer.

Die Ergebnisse ihrer baulichen Anstrengungen — beeindrucken. Die Häuser — sind eine Augenweide, sie erfreuen das Auge durch ihre Fensteröffnungen, die kunstvollen Holzschnitzereien, die gut durchdachten Hinterhäuser, die Gepflegtheit der am Haus gelegenen подряда Garten-Grundstücke. Sie alle entstanden nach der Methode des «Familien-Eigenbaus», d.h. aus eigener Kraft.

Übrigens, genau auf diese Art und Weise verstanden es die Bewohner der vorrübergehend durch die Faschisten okkupierten Territorien sich nach dem Krieg innerhalb kürzester Zeit Häuser aufzubauen. Gegen Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre vergaßen die Sibirier diese Verfahrensweise vollkommen unverschuldet. In der Familie der Grebs ging man mit Interesse and das Verständnis für ein derartiges Unterfangen und seine wirtschaftlichen Vorteile heran. Und das ist nicht leicht. Bevor Alexander Bogdanowitsch aus dem Nasarowskwer Bezirk an seinen ständigen Wohnort Balachta zog, stand das Wohnungsproblem in voller Größe vor ihm. Das Krankenhaus, an dem er als Fahrer anfing, verfügte über keinen eigenen Wohnungsbestand. Auf einer Tagung des Familienrats äußerte der Vater Bogdan Bogdanowitsch, seines Zeichens Kolchosbuchhalter, der sein Leben lang mit finanziellen Angelegenheiten zu tun gehabt hatte und daran gewöhnt war, jede einzelne Kopeke zweckgemäß zu verwenden, folgenden Gedanken:

— Mit deinen Möglichkeiten, Sascha, bewältigst du keine Baustelle. Nur wenn alle sich selbst entwickeln und die Arbeit gemeinsam tun, kann man es schaffen. Und zudem auch noch in kurzer Zeit.
Die Idee der Eltern gefiel den Söhnen. Auch beeindruckte sie die Tatsache, dass sie keinen Baukredit vom Staat aufnehmen mussten. Man beschloss als Baumaterial die noch guten Gebäudeteile aus dem Hochwassergebiet des im Bau befindlichen Krasnojarsker Wasserkraftwerks und die Häuser der kleinen „sterbenden“ Dörfer zu verwenden.

Alexander Bogdanowitsch erschien im Bezirk nicht als Wikinger, sondern als bedächtiger Mann, mit der festen Absicht, sich hier mit seinem ständigen Wohnsitz anzusiedeln. Aber ohne seinen kleinen Hof — was wäre das für ein Leben!? So stand 1962 das Fundament für das erste der Grebow-Häuser.

Schnell gab es Probleme. Die Brüder versammelten sich an ihren freien Tagen an der Baustelle. Nicht alles lief am Anfang gut, aber, doch sie, die von Kindesbeinen an zur Genauigkeit erzogen worden waren, gelangten Schritt für Schritt zu den Gipfeln der Bau-Meisterschaft. Heute ist jeder von ihnen in der Lage, die Last der Meisterpflichten auf seine Schultern zu laden. Nur den Ofenbauer zogen sie zum Setzen eines Ofens heran. Alle anderen Bau- und Abschlussarbeiten erledigten si mit eigenen Händen. Jetzt wurde diese Bauproblem innerhalb der Familie behoben. Einer der Söhne, Alexander, hat in Vollendung den Beruf des Ofensetzers erlernt. Übrigens, in seinem eigenen Haus hat er die Öfen bereits miteigenen Händen gesetzt. Und auch im Hause des Onkels, Albert, Bogdanowitsch, hat er die Öfen gebaut.

Mit den Brüdern Greb traf ich an einem Juni-Sonntag in der Sowjetsker Straße zusammen. Sie waren auf dem Weg zu Rudolf Bogdanowitsch, ebenfalls Fahrer am zentralen Bezirkskrankenhaus, um ihm zu helfen. Der Tag war im Gegensatz zum vorherigen klar und wolkenlos. Der Morgen war frisch. Doch schon nach den ersten Axtschlägen vermischte sich die Luft mit dem herben Geruch von Harz. Paarweise (so ist es angenehmer zu arbeiten) waren die Brüder mit den ihnen nun schon zur Gewohnheit gewordenen Bauarbeiten beschäftigt. Die einen deckten das Dach, die anderen waren mit dem Fundament beschäftigt oder — schnitten die Fenster- und Türöffnungen aus. Da wurde nicht viel Aufhebens gemacht, keine gewöhnlichen Flüche waren hörbar. Die Familienmitglieder arbeiteten akkurat, funktional und höchstproduktiv.

Heute ist das Haus von Rudolf Bogdanowitsch bereits gedeckt. Am nächsten freien Tag beabsichtigen die Brüder sich mit dem Verlegen der Fußböden, dem Einsetzen der Fenster und dem Annageln der Schindeln zu befassen.

Es existiert eine goldene Arbeitsregel unter den Brüdern: gesagt – getan. Sie bestätigen sie an jedem freien Sonntag aufs Neue. Und tatsächlich verlassen sie ihre Arbeit so lange nicht, bis sie das beabsichtigte Programm verwirklicht haben.

...Die Familie Greb. Viele in der Gegend haben von ihr gehört. Doch nur wenige wissen, dass es darin neun Brüder, aber nur eine Schwester gibt — Valeria Bogdanowna, Krankenschwester im Dorf Tschistye Prudy. In den Kollektiven, in denen sie arbeiten, äußert man sich über die Grebs ausschließlich positiv. Die Freundschaft ist bleibend, unvergänglich, brüderlich, Durchsetzungsvermögen und Fleiß wurden ihnen von den Eltern Bogdan Bogdanowitsch und Emma Samuilowna anerzogen. Die Eltern — voller Herzlichkeit und Wärme — haben ihre Kinder nicht an der Illusion von Lebensperspektiven weitab vom Schuss orientiert. Sie haben ihnen die Liebe zu dem Stückchen Erde anerzogen, auf dem jedes von ihnen seinen ersten Lebensweg geebnet hat.

— Zusammen, — sagt jeder von ihnen mit Überzeugung, — nehmen wir jede Unbill des Lebens auf unsere Schultern.

Die Lösung des Wohnproblems bei den Brüdern Gleb ist — eine lebendige und klare Bestätigung der elterlichen Gerechtigkeit und Unterweisung. Ihre Häuser sind selbst nach den bescheidensten Schätzungen fast um die Hälfte billiger als staatliche. Dabei hat jedes heute einen Wert von 12— 15 Tausend Rubel.

— Natürlich, — erklären sie, — ohne die Hilfe der Kollektive, in denen wir arbeiten, wäre es nicht so einfach gewesen, unsere Bauprobleme zu lösen. Wenn sie von der Notwendigkeit eines Transports oder von Materialmangel erfuhren — kamen sie uns stets zur Hilfe. Sie haben gesehen, dass wir nicht um Gewinn kämpfen, sondern um unser Leben und das unserer Kinder.

Alexander Bogdanowitsch, und nicht nur er, vermutet, dass die Akribie beim Bau des väterlichen Hauses die erste Bedingung für die Söhne und die Tochter darstellte, ernsthaft über die Wahl des Lebensweges, über den Bereich, in dem sie ihre jungen Kräfte und Talente anwenden wollten, nachzudenken.

Und er hat recht. Die meisten der jungen Grebs gingen den Weg ihrer Väter. Sie verschönern ihren sibirischen Häuser mit der Meisterhaftigkeit ihrer Hände, wärmen sie mit ihren jungen Herzen.

P. Gumentschuk

„Dorf-Nachrichten“ (Balachta), 9. Juli 1987
Das Material wurde vom Balachtinsker Heimatkunde-Museum zur Verfügung gestellt.


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