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Erinnern wir uns ihrer Namen

Am 3. März 1945 erschien in der Zeitung «Prawda» ein großer Artikel der Sonderkorrespondentin dieser Zeitung für die Region Krasnojarsk A. F. Schestakowa mit der Überschrift «Das Minussinsker Problem». Darin ging es um Buntmetall-Fundstätten im Süden der Region, und es «etablierte sich» die Idee, dass die hier sehr zahlreich vorhandenen Fundstätten, aus denen bereits zu Urzeiten, seit dem 18. Jahrhundert, Erze gewonnen wurden, auch jetzt riesige Perspektiven böten, die allein deswegen nicht genutzt werden könnten, weil sie nicht angemessen erforscht und gesucht würden. Es ist noch nicht ganz deutlich, klingt aber schon durch, dass es sich hier um Intrigen gegen Volksfeinde handelt, in erster Linie innerhalb der Geologen.

Unter der Leitung der Autorin dieses Artikels begann mit fieberhafter Aktivität das Sammeln von Material und die Erstellung von Dokumenten, welche die besten Vertreter der geologischen Wissenschaft und Praxis kompromittierten. Die «Arbeiten» von A. F. Schestakowa schillerten nur so von an die Geologen gerichteten Ausdrücken wie «Totengräber der Bodenschätze der Region Krasnojarsk», «älteste Wolfshunde des Sibirischen Gudkow-Geologenkomitees» (P. P. Gudkow war dessen Direktor, 1919 wanderte er nach Amerika aus), «Verbrechen gegenüber Volk und Staat», «es ist an der Zeit, der geologischen Jugend die Augen zu öffnen über die ganze Niedertracht des Verfalls einiger Vertreter des zaristischen Geologenkomitees, Beteiligter und Angestellter ausländischer Aktionärsgesellschaften», «Drecksäcke des geologischen Dienstes», «offenbar Schurken, die sterben werden», «die hätten schon längst ins Gefängnis gesteckt werden müssen; und man soll ihnen nur nicht glauben, wenn sie einem vormachen wollen, sie wären «umgeschmiedet» worden, usw.

Im Frühjahr 1949 wurde in Krasnojarsk die Hauptverwaltung des MWD der UdSSR zur Erkundung und Exploitation von Fundstätten sowie dem Bau von Unternehmen für Bunt- und seltene Metalle in der Region organisiert, welche die Bezeichnung «Jennisseistroi» des MWD der UdSSR erhielt. In ihren Einzugsbereich gingen sämtliche geologischen Organisationen über, die in der Region Arbeiten hinsichtlich Bunt- und seltenen Metallen durchführten.

Zahlreiche Geologen der Region und des Landes waren Repressalien ausgesetzt und gerieten in die Lager von Kolyma, Norilsk, Krasnojarsk. Beim «Jenniseistroi» wurde ein Technisches Sonderbüro (OTB-1) aus gefangenen Spezialisten (Geologen, Arbeitern in Aufbereitungsanlagen, Chemikern u.a.) geschaffen. Gehalten wurden sie im Lager UP-8, welches auf dem Gelände des heutigen Instituts des «Sibzwetmetniiprojekt» in Krasnojarsk gelegen war. Hier verbüßten die größten Wissenschaftler und Geologen ihre Haftstrafen: M.P. Russakow (1892-1963) — ehemaliger Mitarbeiter des Sibirischen Geologenkomitees, Mitglied der Akademie der Wissenschaften der Kasachischen CCR, verdienter Funktionär der Wissenschaft und Technik; W.M. Kreiter (1897—1966) — Professor aus Moskau, Doktor der geologisch-mineralogischen Wissenschaften, verdienter Funktionär der Wissenschaft und Technik der RSFSR (über ihn berichtete der «Jennisseisker Geologe» am 26. August 1989); M.M. Tetjajew (1882—1956) aus Leningrad, A.J. Bulynnikow (1892-1972) und M.I. Kutschin aus Tomsk — Professoren, Doktoren der geologisch-mineralogischen Wissenschaften. Dabei waren auch die jungen Geologen D.I. Mussatow, J.F. Pogony-Stefanowitsch u.a.

Sie alle führten wissenschaftliche Forschungsarbeiten zu Lagerstätten und Tätigkeitsbereichen durch: Beim «Jennisseistroi» wurden sie (unter Wachbegleitung) zu Feldarbeiten gebracht, schrieben geologische Berichte, doch sie blieben namenlos. Die Stellen in den Berichten, in denen normalerweise der Name des Autors ausgewiesen ist, blieben unausgefüllt.

Im Oktober vergangenen Jahres wandte sich eine Gruppe von Spezialisten der Vereinigung «Krasnojarskgeologia» mit einem Brief folgenden Inhalts an das Krasnojarsker Stadt-Exekutivkomitee: «An den Vorsitzenden des Krasnojarsker Städtischen Rates der Volksdeputierten - Genosse W.G. Kusnezow, Kopie an die Krasnojarsker «Memorial»-Organisation - Genosse W.G. Sirotinin. 1949 wurde eine große Geologen-Gruppe, die sich mit der Suche und Auswertung von Fundstätten von Bodenschätzen in der Region Krasnojarsk befassten, gesetzeswidrig einer Reihe von Repressalien ausgesetzt. Ein Teil von ihnen verbüßte eine Strafe im Lager, das unter dem Technischen Sonderbüro (OTB-1) des «Jennisseistroi» des MWD der UdSSR existierte. Dieses Lager befand sich auf dem Gelände des Instituts «Sibzwetmetniiprojekt» (A. Pruschinskaja-Straße 5). Später wurden alle verfolgten Personen per Gerichtsbeschluss rehabilitiert. Auf Grundlage der Anordnung des Zentralkomitees der KPdSU «Über die Verewigung des Andenkens an die Opfer der politischen Repressionen in den 1930er und 1940er Jahren und zu Beginn der 1950er Jahre» bitten wir Sie darum, eine Entscheidung für das Anbringen einer Gedenktafel am Gebäude des besagten Instituts zu treffen — zum Gedenken an die Geologen, die unter den unbegründeten Repressalien zu leiden hatten».

Unlängst kam auf diesen Brief eine Antwort: «Die Kulturabteilung teilt aufgrund ihres gemeinschaftlichen Schreibens mit: Das Exekutivkomitee des Stadtrats hat am 24. November 1989 den Beschluss ¹ 447 «Über das Anbringen einer Gedenktafel am Gebäude des des Instituts «Sibzwetvetniiprojekt» zu Ehren der Opfer der politischen Repressionen in den 1930er-1940er sowie Anfang der 1950er Jahre gefasst. Leiterin der Kulturabteilung des Stadt-Exekutivkomitees R.P. Gostewa».

À. POLUSCHIN
Auf dem Foto: in diesem Gebäude arbeiteten Häftlinge (Geologen) des Lagers UP-8 beim Technischen Sonderbüro OTB-1. Foto 1989.

„Jenisseisker Geologe“, 24.01.1990


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