Nachrichten
Unsere Seite
FAQ
Opferliste
Verbannung
Dokumente
Unsere Arbeit
Suche
English  Русский

Todeszone

Wenn du aus dem Hubschrauber schaust, sieht hier alles so aus, als wäre es noch in Betrieb: Gleise und Lichtzeichen-Anlagen, Bahnstationen, die Häuschen der Streckenwärter... Wenn du unten bist, siehst du Verfall und Verwilderung. Jahrzehntelang führte die Salekhard-Igarka-Bahn ein Doppelleben. Sie schien zu existieren und gleichzeitig versuchte man, sie nicht zu erwähnen und nannte sie einfach „Baustelle Nummer 501“.

Die Idee einer nördlichen transsibirischen Eisenbahn existierte in den Köpfen von Kaufleuten und Industriellen schon seit Anfang des Jahrhunderts. Doch der gesunde Menschenverstand sagte, dass dieser grandiose Plan für das junge russische Bürgertum unerreichbar war. Stalins Regierung waren die Zweifel daran, dass es an Geld, Bauarbeitern und Material mangelte, unbekannt. Es wurde beschlossen - und 1947 wurden ganze Etappen von unterdrückten Menschen in die polare Taiga und Tundra geschickt. Die Gefangenen arbeiteten unter unmenschlichen Bedingungen: schrecklicher Frost im Winter, Schmeißfliegen und Mücken im Sommer. Jeder Kilometer der Straße wurde auf Kosten von Menschenleben gebaut. Doch die Repressionsmaschinerie lieferte immer wieder neue „Volksfeinde“. Bis zum Jahr 1953 verkehrten bereits Arbeitszüge auf der Strecke Salechard - Nadym, die Aufschüttung des Bahndamms auf einer Gesamtlänge von 1500 km so gut wie beendet.

Nach dem Tod des Führers und des Lehrmeisters wurden die Bauarbeiten eingestellt und die Lager eingemottet. Seitdem steht dieses Denkmal der Grausamkeit und Gewalt. Die Schienen sind verrostet, die Schwellen verrottet - riesige Geldbeträge der Menschen wurden in der Tundra vergraben. Das Leben der Toten ist mit keinem Geld der Welt zu aufzuwiegen, aber wie kann man die Zehntausenden von zerschlagenen Schicksalen bewerten? Immerhin arbeiteten, allein unvollständigen Angaben zufolge, etwa hunderttausend Häftlinge auf der Baustelle.

Fotos: Bahnlinie ins Nichts; wie ein Mahnmal an die schreckliche Vergangenheit stehen die Lager-Wachtürme; einige Dokumente zum Bauprojekt № 501.
(Fotochronik TASS).

„Majak Sewera“ („Leuchtturm des Nordens“), № 126, 18.10.1990

 


Zum Seitenanfang