Nachrichten
Unsere Seite
FAQ
Opferliste
Verbannung
Dokumente
Unsere Arbeit
Suche
English  Русский

Unverdiente Strafe

Gestern, am 30. Oktober, haben wir den Tag des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen begangen. Laut Erlass des Präsidenten „Über die Rehabilitierung der Opfer politischer Repressionen vom 30. Oktober 1992, können Staatsbürger rehabilitiert werden, die einst nach § 58 des Strafgesetzes der RSFSR wegen konterrevolutionärer Verbrechen verurteilt wurden sowie Völker, die der gewaltsamen Deportation ausgesetzt waren – insgesamt mehr als 10 Millionen Menschen (viele von ihnen posthum). Nach der Enthüllung von Stalins Personenkult im Jahre 1956 betraf die Rehabilitierung einen engen Kreis politisch Verurteilter. Und trotz der Rückkehr der verschleppten Völker (aller, mit Ausnahme der Russland-Deutschen), wurden die Aktionen der Deportation nicht als Verbrechen bezeichnet.

Die politischen Verfolgungen dauerten in unserem Lande nicht nur ein einziges Jahrzehnt, und sie ließen auch nicht die Region Krasnojarsk aus. Es war eine Region, in der nicht nur Menschen, die aufgrund politisch motivierter Verbrechen (obwohl dies mehr als 50.000 waren) verurteilt worden waren, sondern auch völlig unverdient Verurteilte (1,5 Millionen Sonderumsiedler: enteignete Großgrundbesitzer, Deportierte, Verbannte und hunderttausende Häftlinge des Norillag, Kraslag, Jenissei-Stroj, Siblag). Nach Angaben unseres Heimatkundlers W. Aferenko wurden in den Jahren 1929 bis 1934 in den Siedlungen des Suchobusimsker Bezirks 448 Höfe enteignet, darunter 36 Familien aus Sedelnikowo (die größte Anzahl im Bezirk). Die Bevölkerungszahl von Sedelnikowo sank in diesen Jahren auf 613 Einwohner, 28 Hofwirtschaften aus der Ortschaft Schila, 24 aus Podsopky usw. Es waren die wohlhabendsten Familien. Niemand bewies ihre Schuld. Es ist nicht bekannt, wer von ihnen zur Höchststrafe verurteilt wurde; nach inoffiziellen Angaben waren es mehrere Dutzend Menschen.

Im Oktober 1941 wurden 3200 Wolgadeutsche in den Suchobusimsker Bezirk deportiert. Die meisten von ihnen gerieten in die Siedlungen Busim, Bolschie Prudy, das Dorf Bolschoi Baltschug.

1942 tauchten in der Ortschaft Atamanowo Lagerpunkte auf, in denen Häftlinge (mehr als 1000) vor ihrer Verschickung ins Norillag lebten. Es war ein typischer Lagerkomplex mit Baracken, Wachtürmen an den Ecken und Hunden.

Ab Oktober 1943 wurden in den Bezirk 2000 Kalmücken umgesiedelt – nach Suchobusinskoje, Minderla. Zu verschiedenen Zeiten arbeiteten bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten ehemalige Soldaten der Russischen Befreiungsarmee, Banderow-Anhänger, kriegsgefangene Japaner, Balten, Polen. Von 1949 bis 1953 lebten im Bezirk 7000 Verbannte – ein Viertel der Gesamtbevölkerung in der Region. Nach 1956 verließen die meisten Sonderumsiedler und Verbannten diese Orte, einige ließen sich im Bezirk nieder und gehören heute schon zu den Alteingesessenen.

Von 389 Rehabilitierten, die heute im Bezirk leben, sind 80% Russland-Deutsche. Sie leben wie bisher in Atamanowo, Bolschie Prudy, Borsk, Istok, Wysotino, Abakschino, Minderla, Schila, Schilinka, Suchobusimskoje. 56 Personen – die Kinder von einst repressierten Personen, die vor 1956 geboren wurden. Das Gesetz „Über Maßnahmen der sozialen Unterstützung rehabilitierter Personen, die als Leidtragende politischer Verfolgung anerkannt wurden, sieht Vergünstigungen und soziale Unterstützung für diese Bevölkerungskategorien vor.

Das Gesetz wird zu 100% auf regionaler Basis finanziert.

Lohnt es sich, der Zeiten zu gedenken, als der Schatten des GULAG über dem Lande hing, als die Zeugen und Augenzeugen dieser Ereignisse am Leben waren? Unsere Nachfahren müssen alle Fakten und Windungen der Geschichte kennen.

Dieser Tage suchen Mitarbeiter der Bezirksverwaltung und der Fürsorgebehörde die Opfer einstiger politischer Verfolgungen auf – diejenigen, die in diesem Jahr ihr 80. Lebensjahr vollenden oder noch älter sind. Die Älteste von ihnen – Amalia Jakowlewna Deisner, die in Busim lebt, wurde im Januar 94 Jahre alt. Der Älteste unter den Männern ist Iwan Jakowlewitsch Fritzler (Minderla). Er wurde am 23. Juli 90 Jahre alt.

Tamara Stepanowa, Leiterin der Sozialbehörde der Bezirksverwaltung

„Land-Leben“ (Suchobusimskoje), 31.10.2008


Zum Seitenanfang