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Verbannungs- / Lagerhaftbericht von Lidia Ottowna Dementjewa

Geboren in dem Dorf Nischneschadrino. Ihre Eltern wurden repressiert und verstarben, ohne jemals die Rehabilitation erhalten zu haben. Nur sie selbst wurde rehabilitiert.

Die Familie bestand aus 4 Personen. Es waren wohlhabende Leute. Sie besaßen ein eigenes Stück Land. Mama, eine Deutsche, hieß Olga Josifowna (Gerber?), der Vater - Otto Christianowitsch Gopener (Ukrainer).

Sie kamen und sagten, dass sie sich fertigmachen sollten. Sie nahmen ein wenig Eßbares mit. Dann fuhren sie mit dem Dampfer „Maria Uljanowa“. An jeder Anlegestelle ließ man die arbeitsfähigen Männer ans Ufer, um dort Brennholz zu sammeln. Unterwegs halfen sie sich gegenseitig. Als sie ankamen, da hatten sie schrecklichen Hunger und sahen zum ersten Mal in ihrem Leben Bärenlauch. Sie überaßen sich daran, und bekamen alle Magebschmerzen. Man wies ihnen ein Haus zu, in dem noch viele andere Familien wohnten.

Die Mutter arbeitete als Melkerin, der Vater als Mechaniker (gemäß seiner Berufsausbildung).

Der Vater starb 1992 in Jarzewo.

Sie wurden sehr freundlich willkommen geheißen. Für ihre Arbeit zahlte man ihnen einen Lohn, aber es war sehr wenig. Die Maßnahmen zum Ansporn und zur Aufmunterung waren zum Beispiel Urkunden, und manchmal, an Feiertagen, bekamen sie sogar irgendwelche Sachen überreicht.

Ob sie sich auf der Kommandantur melden mußten, das weiß sie nicht mehr.

Sie erzählte von dem Fall eines gewissen Großvaters Gorodezkij, der sogar nach seiner Rehabilitation noch gehetzt und gejagt wurde. Aus irgendeinem Grunde haßten ihn alle. Er saß in Estland im Lager, als er von dort fortgekommen war, hatte er irgendwelche Probleme mit der Regierung, fühlte sich entsetzlich gekränkt, wurde krank und starb.

Jetzt, nachdem sie rehabilitiert worden sind (denn die Eltern ihres Mannes waren ebenfalls Opfer von Repressionen), können sie nicht mehr zurückkehren, weil die Elternin Jarzewo beerdigt liegen und weil weder ihr Mann, noch die Söhne, von hier weg wollen.

Von den möglichen Vergünstigungen weiß sie, nimmt jedoch keine in Anspruch; in der Apotheke, für Brennholz und andere Dinge bezahlt sie stets den vollen Preis.

Sie hat alles berichtet, was sie weiß; ihr Vater hat ihr nie von seinen Repressionen erzählt. Alles oben Erwähnte hat sie von ihrem Ehemann erfahren.

Die Befragung wurde durchgeführt von T. Kapuzij, W. Moisejew (historische Abteilung der Jenisejsker Fachschule für Pädagogik)

Erste Forschungsexpedition für Geschichte und Menschenrechte


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