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Verbannungs - / Lagerhaftbericht von Friedrich Konradowitsch Engelgard (Engelhard)

Vater: Konrad Konradowitsch Engelgard (Engelhard)
Mutter: Amalia Kondratewna
Schwester Amalia, geb. 1923
Bruder Konrad, geb. 1925
Schwester Emma, geb. am 16.04.1930, lebt in Jenisejsk

Kinder: Tochter Elvira, geb. 1958, lebt in Deutschland
Sohn Wladimir, geb. 1960, lebt in Deutschland
Sohn Eduard, geb. 1966, lebt in Ust-Kem.

Bis zur Deportation lebten sie in der Region Saratow, im Dorf Grimm. Der Vater arbeitete als Traktorist, die Mutter bereitete Speiseeis zu. Sie besaßen ihr eigenes Haus, einen großen Garten, in dem Birnen, Äpfel und Johannisbeeren wuchsen. Außerdem hielten sie eine Kuh, Hühner und Gänse.

Im August 1941 kam der Ukas heraus, indem die Anordnung erging, dass alle Deutschen ihren Wohnort binnen 24 Stunden verlassen sollten. Sie konnten nur das mitnehmen, was sie auf dem Leib trugen. Die ganze Familie wurde abtransportiert. Zuerst setzten sie mit dem Motorschiff über die Wolga, dann ging es mit der Eisenbahn bis nach Krasnojarsk, per Lastkahn nach Jenisejsk, auf Pferden bis Malobjelaja. Dort wohnten sie zusammen und schliefen auf Pritschen. Der ältere Bruder wurde 1941 sogleich in die Arbeitsarmee nach Kujbyschew geholt. Friedrich selbst arbeitete in der kleinen Siedlung: er sähte, pflügte und eggte.

Alles, was sie von zuhause mitgebracht hatten, tauschten sie in Kartoffeln um. Zuerst erlaubte man ihnen nicht Kartoffeln zu ziehen. Sie lebten nach dem Prinzip: „Soviel du erarbeitet hast, soviel sollst du auch essen“. Sie arbeiteten von Tagesanbruch bis zum Einsetzen der Dunkelheit. Die Tagesnorm an Brot betrug 350 Gramm.

1942 zogen sie nach Jalan um. 1943 starb der Vater – Konrad Konradowitsch. 1948 kam Schwester Amalia aus Hunger und wegen einer hinzugekommenen Lungenentzündung ums Leben (sie hatte, ebenso wie Friedrich, im Wald gearbeitet).

Es kam vor, dass Repressierte zu Brigadieren ernannt wurden. So war beispielsweise Jakow (Jakob) Karlowitsch Schtol (Stoll) viele Jahre als Brigadier tätig.

1947 holten sie Friedrich in die Trudarmee. Zunächst schickten sie ihn nach Podtjosowo zum Bau eines Dammes, anschließend nach Nord-Jenisejsk: im Winter fällten sie dort Bäume, im Sommer luden sie Lebensmittel im Ort Brjanka ab.

Sein ersten Lohn erhielt er 1947 in Jalan (45 Rubel). Ein Laib Brot kostete damals 300 Rubel.

1953 aus der Sonderansiedlung entlassen (A.B. irrt sich wahrscheinlich – muß 1956 sein). Es war ihnen nicht erlaubt, in die Heimat zurückzukehren. Das Dorf, in dem sie bis zum Einsetzen der Repressionsmaßnahmen gelebt hatten, war inzwischen dem Erdboden gleichgemacht worden.

Die Befragung erfolgte durch Kristina Polysalowa, Tatjana Korotkich und Veronika Gimranowa

(AB – Anmerkungen von Aleksej Babij, Krasnojarsker „Memorial“)
Vierte Expedition für Geschichte und Menschenrechte, Ust-Kem 2007


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