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Verbannungs-/Lagerhaftbericht von Agatha Michailowna Kolman (Mädchenname Junker)

Die deutsche Famile JUNKER lebte bis zum Krieg in Leningrad auf dem Wolkowskij- Prospekt 144. Der Vater, Michael Michailowitsch, 1907-1941, war Arbeiter. Am 1. Juli 1941 wurde er an die Front einberufen. Er verteidigte Leningrad irgendwo in der Nähe von Djetskoe Selo und kam im Oktober 1941 ums Leben. Sein Bruder Jossif (Josef)Iwanowitsch JUNKER (geb. 1915, lebt in Frunse), ebenfalls Arbeiter, wurde am 22. Juni 1941 mobilisiert, im September jedoch wieder nach Hause geschickt, und er kehrte dann an seine vorherige Arbeit zurück.

Zum Ende des ersten Blockadewinters erhielt man auf Lebensmittelkarte einen einzigen Ölkuchen - und nur davon lebte man.

Am 16. März 1942 wurden die Familien Michael Junker und Iossif/Josef Junker von den Kommunisten aus Leningrad abtransportiert:

Mit LKWs fuhren sie über das Eis des Ladoga-Sees. Dann wurden sie in Waggons verfrachtet und nach Sibirien gebracht. Den ganzen Weg über gab man ihnen zu essen und zweimal wurden sie an Bahnstationen ins Badehaus geführt. Unterwegs starben jedoch viele im Zug, denn die Menschen waren stark entkräftet. Mit diesem Zug fuhren nicht nur Deutsche, sondern auch Polen.

Zuerst sollte der ganze Zug in Omsk ausgeladen werden, aber das wurde ihnen dort verweigert. Einen Tag und eine Nacht blieb der Zug in Nowosibirsk stehen, dann fuhr er nach Krasnojarsk ab.

Am 12. April 1942 ließ man alle in KRASNOJARSK aussteigen und brachte sie mit Pferden den Jenissej flußabwärts über das Eis. Beide Familien kam in die Waldwirtschaft nach UST-KAN, 3 km von der Bahnstation KONONOWO im Kreis SUCHOBUSIMSK entfernt. Später verlegte man sie an andere Orte im gleichen Kreis. Jossif Iwanowitsch wurde in die "Trudarmee" ins KRASLag (RESCHOTY) geschickt und dann in ein Bergwerk im Gebiet KEMEROWO. Im September 1945 wurde er freigelassen und kehrte zur Famile zurück.

Unter Kommandantur wurden sie erst ab 1946 gestellt; aufgehoben wurde die Kommendantur Anfang 1956. Nach dem Krieg versuchte Agatha Arbeit zu bekommen, bei der man wenigstens auch etwas verdienen konnte: in der Kolchose gab es nichts, wovon man leben konnte. Filimonowa, die manchmal den Kreis-Kommandanten vertrat, ließ sie im Kreis-Krankenhaus arbeiten.

Im Kreis SUCHOBUSIMSK gab es nach dem Krieg den Leiter des MGB (Ministerium für Staatssicherheit) LALOW, der nicht nur den Verbannten Angst einflößte, sondern auch den örtlichen Bewohnern. Grausamkeiten verübte der Milizionär TORBIN. Nach 1956 wurde dieser rücksichtslose Mensch aus der Miliz entlassen. Sie stellten ihn als Wächter in der Staatsbank ein und Anfang 1960 erschoß er einen der Miliz-Vorgesetzten und wurde zum Tode durch Erschießen verurteilt.

Im Juli 1948 war der alte BABKIN Wächter im Krankenhaus in SUCHOBUSIMSK (geb. etwa 1890), der sich in einem unpassenden Augenblick einen Scherz leistete, als er gerade im Wald zusammen mit anderern Dorfbewohnern Beeren sammelte, und nach ein paar Tagen wurde er verhaftet. Über sein Schicksal ist nichts bekannt.

13.07.90, aufgezeichnet von W.S. Birger, Krasnojarsk, Gesellschaft "Memorial"


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