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Hilda Johannowna Ljubowa (Mottais)

Lydia Iwanowna Ljubowa genierte sich bei unserer Begegnung ihren richtigen Vornamen zu nennen. Sie sagte, dass ihre Mutter den Vor- und Nachnamen extra geändert hätte. Geboren wurde sie am 31.08.1937 im Dorf Alt-Urbach, Gebiet Saratow.

1941 wurden sie in die Ortschaft Bjelskoje, Pirowsker Bezirk, deportiert. Sie wohnten dort im Haus eine Frau, die eine Tochter hatte. Sie erinnert sich, dass im Winter alle Kinder zusammen auf dem Ofen schliefen, es gab keinerlei Beleidigungen und Kränkungen. In ihrer Kindheit litt sie an einer schrecklichen Allergie gegen das Klima und die Lebensmittel, die man als solche überhaupt nicht bezeichnen kann. Das waren Getreideähren; sie wurden zerrieben, und dann kochte man daraus Grütze. Schwester Frieda überstand den Hunger nicht, sie starb. Der Bruder der Mutter, geb. 1937, lief aus Bjelskoje fort und geriet in ein Kinderheim in Jenisejsk. Die Mutter verließ Bjelskoje aus freiem Willen zusammen mit Hilda; zu Fuß machten sie sich auf den Weg, um den Bruder zu suchen. Unterwegs übernachteten sie sogar einmal auf einem Friedhof; in der Dunkelheit hatten sie nicht bemerkt, wohin sie da unversehens geraten waren. Sie holten sich eine starke Erkältung, und bei Hilda blieb infolgedessen ein Leben lang die rechte Gesichtshälfte gelähmt; außerdem behielt sie davon eine chronische Ohrentzündung nach. Die Mutter fand den Bruder, fand Arbeit im Kinderheim, das sich in der Dekabristen-Straße befand.

Hilda Johannownas Mutter, Emilie Gottliebowna Mottais, wurde am 25.08.1915 geboren und wurde sehr alt – sie starb 2003. Sie arbeitete im Kinderheim in der Kantine, in einer entfernten gelegenen Siedlung des Dorfes Gorskoj; es gab dort auch eine Imkerei. Hilda Johannowna erinnert sich an Faina Musaforowa (die Leiterin des Kinderheims), die ihr und ihrer Mutter sehr behilflich war und mit dazu beitrug, dass sie in den Jahren 1946-1947 überlebten. Emilia Gottliebowna arbeitete auch als Kinderfrau und Wärterin in den Kinderkrippen N° 1 in der Fefelow-Straße und N° 6 in der Babkin-Straße; sie hackte Brennholz und wusch nachts die Kinderwäsche. Im Kinderheim ging Hilda zur Schule, die sich in der Tamarow-Straße befand; dort lernte sie vier Jahre. Danach besuchte sie die Schule N° 1 bis zur 7. Klasse. Sie hatten ein schweres Leben, und deswegen musste sie auch etwas hinzuverdienen: sie wusch Wäsche in Eislöchern und zog sich eine Erkältung zu, sie erkrankte schwer. Mama rief den Notarzt nach Hause, der zu der damaligen Zeit mit dem Motorrad oder einem Fuhrwerk kam. Die Ärzte versetzten sie in Angst und Schrecken, als sie empfahlen, Hände und Füße zu amputieren. Aber dann kam Anna Iwanowna Poletajewa und riet ihnen, die Operation nicht vornehmen zu lassen. Die Mutter machte sie selber wieder gesund. Im Alter von 18 Jahren nahm Hilda eine Arbeit im Kindergarten N° 2 als Wäscherin auf, später versetzte man sie auf den Posten einer Kindergärtnerin. Sie heiratete einen Mann, der ebenfalls in einem Kinderheim aufgewachsen war. 20 Jahre lang lebten sie in einem Privathaus in der Sojusow-Straße (heute Kaurow-Straße) in einem Kellerraum, in dem sich sehr kleine Fenster befanden. Sie zogen zwei Töchter groß. In speziellen Lehrgängen, die am pädagogischen Institut abgehalten wurden, erlernte sie den Beruf der Krankenschwester. Viele Jahre war sie in der Poliklinik für Erwachsene als Krankenschwester tätig (von 1965-2000). Hilda Johannowna hat 9 Enkel und schon 10 Urenkelkinder.

Bis heute weiß sie nichts über ihren Vater. 1939 wurde er in die Armee einberufen. Vermutlich befand er sich zu der Zeit in Kiew, als die Stadt bombardiert wurde. Nichts ist über ihn bekannt: man weiß nicht einmal, ob er damals am Leben blieb oder umkam.

 

O. Kruschinskaja. Unfreiwillige Sibirjaken


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