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Deportationen aus Ost-Polen


Als Ergebnis der IV. Teilung Polens, die im August 1939 mit der Unterzeichnung des "Ribbentrop-Molotow-Paktes" besiegelt wurde, gerieten die östlichen Wojewodschaften der Republik Polen unter sowjetische Besatzung: Stanislawsk, Tarnopol, Lwow, Polessk, Wolhynsk, Wilensk, Białystok und Nowogrodsk, das bedeutet 8 von 16 Wojewodschaften.

In den Jahren 1940-1941 geht man von vier Deportationen polnischer Staatsbürger aus Territorien dieser Wojewodschaften aus, aber unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Deportationen aus den Wojewodschaften Białystok und Wilensk im Jahre 1941 einen Monat später durchgeführt wurden, als die Deportationen aus den südlichen Teilen des Besatzungs-gebiets, und es auch chronologische (und sogar logische) Zusammenhänge mit den Deportati-onen aus Litauen gab, besteht Anlaß, eine Unterteilung in fünf Deportationswellen vorzu-nehmen und diese als die fünfte Welle anzusehen.

Das Datum für die erste Deportation - der 10. Februar 1940. Von ihr wurden "Legionäre" (ehemalige Kämpfer der Legionen Piłsudskis, die anschließend Landzuteilungen erhalten hatten) und Staatsbedienstete mit ihren Familien, erfaßt, unter ihnen viele Waldarbeiter, aber auch eine riesige Anzahl gewöhnlicher Bauern, sowohl Polen als auch Ukrainer. Ein Teil dieses Stroms, der im März 1940 in unsere Region kam, wurde weit auseinandergestreut, und es wurden sogar Verschleppte aus einem Transportzug nach ihrer Ankunft in Krasnojarsk buchstäblich zu allen Enden der Region auseinandergerissen. Die einen gerieten in den Kreis Jarzewo, andere an die Mana (Wilistoje), ein dritter Teil in die Maklakowsker Holzfabrik, wieder andere in die Goldbergwerke der Uderejsker und Nord-Jenissejsker Kreise (Jelenka, Ajachta, u.a.) oder in die Snamensker Glasfabrik bei Krasnojarsk, usw., usf.

Nach uns vorliegenden Daten kam dieser Strom in unsere Region ausschließlich aus den südlichen Wojewodschaften (Lwow, Stanislawsk und Tarnopol). Angaben über Verschleppte aus anderen Regionen Polens liegen uns nicht vor.

An zahlenmäßig zweiter Stelle steht die Deportation von Flüchtlingen (hauptsächlich Juden) im April 1940. Besonders viele Flüchtlinge hatten sich zu diesem Zeitpunkt in Lwow ange-sammelt. Unter ihnen waren nicht nur Flüchtlinge aus dem Westteil Polens, sondern auch aus der Tschechoslowakei und Östereich.Die sowjetischen Besatzungsmächte schlugen den Flüchtlingen zunächst vor, "freiwillig" nach Sibirien oder Kasachstan zu fahren, aber als sich dann nur wenige dazu bereit fanden, wurden sie alle mit Begleitposten dorthin gebracht.

Uns liegen lediglich meist indirekte Angaben aus unterschiedlichen Quellen über Verschleppte aus diesem Strom in unsere Region vor. Es gab solche Verbannten in Chakassien und in Tassejewo. In den Listen der Repatriierungstransporte von Abakan und Minussinsk sind jüdische Familien mit einen Anteil von 20-25% vertreten.

Man geht davon aus, daß unter die dritte Deportation, im Juni 1940, vor allem Familien von Offizieren und Reservisten fielen, die in sowjetische Gefangenschaft geraten und im Mai 1940 von kommunistischen Menschenfressern umgebracht worden waren. Offenbar war diese Deportation zahlenmäßig kleiner als die vorangegangenen. Aus diesem Strom kamen in unsere Region Verbannte der Wojewodschaft Nowogrodsk (möglicherweise waren unter ihnen Familien von Kriegsgefangenen, jedoch liegen uns derartige Angaben nicht vor). Die einen lud man in Atschinsk aus und verschleppte sie in Kolchosen, andere brachte man bis nach Abakan und schickte sie in die Dörfer im Kreis Minussinsk.

Die vierte Deportationswelle erfaßte Anfang Mai 1941 offenbar hauptsächlich die südlichen Wojewodschaften. Es gibt Grund zu der Vermutung, daß in ethnischer Hinsicht in diesem Strom Ukrainer vorherrschten. Es gab aber auch Polen und ebenfalls Juden. In unsere Region kam der Strom zum Teil aus den Wojewodschaften Stanislawsk und Wolhynsk. Nach uns vorliegenden Unterlagen wurden diese Verbannten überwiegend in Waldwirtschaften ver-schleppt: in die Kreise Daurija, Bolschemurta und Kasatschinskoje.

Schließlich erfaßte die letzte dieser Deportationen Ende Juni 1941 die Wojewodschaften Białystok, Nowogrodsk sowie offenbar auch Polessk. Die letzten Verbanntentransporte wurden noch unter Bombenhagel in den Osten verschleppt. Einen Teil dieses Verbannten-stroms lud man in Chakassien aus und jagte die Verschleppten dann in die Schafzucht-Sowchosen der Steppen und Vorgebirge. Einen anderen Teil luden sie in Kansk ab und brachten die Verbannten von dort in die umliegenden Kreise (teilweise in den Kreis Tassejewo).

All diese Verbannten hätten laut der im September 1941 herausgegebenen "Amnestie", die sich auf alle polnischen Staatsbürger erstreckte, freigelassen werden müssen. In Wirklichkeit wurden aber nur wenige, die sich in der Verbannung nahe den großen Städten befanden, in die Freiheit entlassen. Als sie von der Aufstellung der polnischen Armee erfuhren, brachen viele von ihnen nach Kasachstan und Mittel-Asien auf und wurden danach mit der Armee in den Iran evakuiert. Andere fuhren entweder ins Wolgagebiet oder in den Altaj. Die Mehrheit der verbannten polnischen Staatsbürger fanden erst 1943-1944 einen Weg aus der Verbannung. Aus Jenissejsk und Maklakowo zogen viele nach Abakan, aus dem Uderejsker Kreis - ins Donezbecken.

Und erst im Frühjahr 1946 wurden praktisch alle polnischen Staatsbürger (ethnische Polen und Juden), die noch in der UdSSR geblieben waren, in die Freiheit entlassen und in organisierter Form nach Polen "repatriiert". Es gelang auch vielen Ukrainern und Weißrussen nach Polen auszureisen, obwohl das sowjetische Regime ihre ausländische Staatsbür-gerschaft nicht anerkannte. Die übrigen Ukrainer und Weißrussen kehrten in die Heimat zurück. 


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