Ingermanland oder, im Russischen, Ischora, wird traditionsgemäß das Territorium zwischen dem Ladoga-See und dem Finnischen Meerbusen genannt, das seit Vorzeiten vom Volk der Ingrier (Ischorzen) besiedelt wurde. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts war dieses Volk im wesentlichen absorbiert von den ihm nach Herkunft und Sprache nahestehenden Finnen, und es gilt heute praktisch als nicht mehr vorhanden.
Die Deportation aus Ingermanland aus Gründen der nationalen Zugehörigkeit, auch bekannt als "Deportation der Blockierer", vollzog sich Ende März 1942. Aus der Stadt Leningrad und ihren Vorort-Gebieten, die unter der Kontrolle der sowjetischen Armee geblieben waren, wurden alle ingermanländischen Finnen und Deutschen verschleppt. Es liegen Angaben vor, daß auch die einheimische Bevölkerung polnischer und estnischer Abstammung unter diese Deportation geriet, jedoch besitzen wir keine genauen Kenntnisse darüber. Möglicherweise erklärt sich das daraus, daß die Polen und Esten in erster Linie Stadtbewohner waren, aber in unsere Region gerieten so gut wie keine Leningrader.
Man transportierte die Deportierten ans Ufer des Ladoga-Sees, pferchte sie auf Lastwagen zusammen und fuhr sie über den zugefroren See ans andere Ufer. Es kam vor, daß diese Lastwagen ins Eis einbrachen, besonders nahe dem Ostufer. Mitunter gelang es dem einen oder anderen, vom Wagenkasten zu springen, manchmal nicht. Am Ostufer (genauer gesagt, am südöstlichen Ufer), in Tichwin, Schicharewo oder Kobona (wo es eine Kleinbahn gab) wurden die Deportierten auf Transportzüge verladen. Einige fuhr man mit Lastwagen bis ganz nach Wologda.
Nach uns vorliegenden Angaben, wurden Finnen und Deutsche in getrennten Transporten fortgebracht. Die Finnen aus Leningrad und Koltuschja gerieten in nächster Umgebung von Krasnojarsk in die Verbannung, wohingegen die Verbannten aus dem Kreis Pargolowo, mit überwiegend finnischer Bevölkerung, in alle Ecken der Region auseinander getrieben wurden:in die Siedlung Kitschibasch am Sissim, in den Kreis Daurija, nach Chakassien, in den Kreis Nischneingasch sowie die Kreise um Atschinsk, und auch an den Jenissej, nördlich von Krasnojarsk.
Die ingermanländischen Deutschen, die hauptsächlich im Südosten der Stadt wohnten, wurden ebenfalls in verschiedene Richtungen auseinander getrieben. Diejenigen, die in Atschinsk ausgeladen worden waren, brachte man in den Kreis Biriljussy, und jene aus den Transportzügen, die man in Kansk abegeladen hatte, teilweise in die Kansker Holzfabrik, andere in die Kreise nördlich von Kansk, bis an die Angara, einige in den Kreis Nischne-ingasch. Ein Transportzug wurde nach Omsk verschleppt, wo man ihn jedoch nicht aufnahm und dann weiter nach Krasnojarsk brachte.
Im Sommer 1942 verschleppte man viele Deutsche und Finnen nach Norden, zum "Fischfang" in den Kreis Turuchansk, nach Dudinka und weiter flußabwärts, nach Norden, nach Karaul und Ust-Port, einige auch nach Chatanga in den östlichen Teil der Tajmyr-Halbinsel.
Die weitere Lage der verbannten ingermanländischen Deutschen unterschied sich nicht von der Situation anderer verbannter Deutscher (s. Abschnitt 6.2).
Über die Finnen wurden beim NKWD keine "Personen-Akten" geführt. Außerdem wurden die verbannten finnischen Bauern (s. Abschnitt 4.6) 1947 freigelassen, ohne Überführung in eine andere "Verbannungskategorie", im Unterschied zu den ethnischen Deutschen.
Die Ingermanländischen Finnen begann man noch Anfang der fünfziger Jahre aus der Verbannung in die Freiheit zu entlassen. Bei der Freilassung erhielten sie Pässe. Ihre Freilassung war im Jahre 1954 vollständig abgeschlossen.
Versuche der Finnen in ihre Heimat zurückzukehren stießen auf große Schwierigkeiten.
Selbst in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre wurden viele Finnen, die in ihre heimatlichen Dörfer zurückgekehrt waren, von der Miliz vertrieben. Daher waren die Finnen gezwungen, sich in Estland anzusiedeln, wo sich die einheimische Bevölkerung ihnen gegenüber wohl-wollend verhielt.