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In Krasnojarsk kein Platz für den Mörder

Für den Mörder kein Platz in Krasnojarsk

23.03.15 Brief des Vorsitzenden der Krasnojarsker „Memorial“-Organisation an das stellvertretende Oberhaupt der Verwaltung der Region Krasnojarsk

Krasnojarsker „Memorial“-Organisation für geschichtliche Aufklärung und Menschenrechte
660049, Krasnojarsk, Postfach 25491, Tel. 8-913-521-95-81, E-Mail: memorial@maxsoft.ru, memorial.krsk.ru

Postausgang 15-006 vom 23.03.2015
An das stellvertretende Oberhaupt der Verwaltung der Stadt Krasnojarsk A.L. Ignatenko

Sehr geehrter Andrej Leonidowitsch!

(Ich wende mich an Sie als Vorsitzender der Kommission zur Verewigung der Erinnerung an die Bürger und geschichtlichen Ereignisse auf dem Territorium der Stadt, welche die Frage über die Aufstellung einer Stalin-Büste in Krasnojarsk behandeln wird.

Argumente gegen eine Aufstellung wurden von uns bereits im Brief vom 19.03.2015, Postausgang 15-005, an das Oberhaupt der Stadt Krasnojarsk, E.Sch. Akbulatow, dargelegt, der der Kommission zugegangen sein sollte. Die Frage der Aufstellung einer Büste wurde von der Kommission bereits 2005 erörtert. Damals wurde der Beschluss gefasst keine Stalin-Büste in Krasnojarsk aufzustellen.

Da die Befürworter ihrer Aufstellung, soweit uns bekannt ist, mit dem Sammeln von Unterschriften für die Büste begonnen haben, lassen wir Ihnen nunmehr unsererseits die von uns gesammelten Unterschriften von Krasnojarsker Einwohnern zukommen, die eindeutig gegen eine Stalin-Büste sind. Leider konnten diese Krasnojarsker nicht selber unterschreiben, da sie infolge der stalinistischen Politik erschossen wurden, in Lagern oder in der Sonderansiedlung umkamen. Zu ihnen gehören nicht weniger als 12000 Krasnojarsker, welche in den Jahren 1937-1938 nach den Limit-Regelungen erschossen wurden, die Stalin zuvor persönlich festgelegt hatte.

Wir übergeben Ihnen 12 Bände des Buches der Erinnerung an die Opfer politischer Repressionen in der Region Krasnojarsk, damit die Kommission sich mit ihnen vertraut machen kann. Die Bücher wurden auf Beschluss der Krasnojarsker Regionsregierung, der Archiv-Agentur der Region Krasnojarsk, der Bezirksverwaltung des FSB Russlands in der Region Krasnojarsk, der Haupt-Verwaltung des MWD Russlands in der Region Krasnojarsk, der Staatsanwaltschaft der Region Krasnojarsk und der Krasnojarsker „Memorial“-Organisation für Geschichtsaufklärung und Menschenrechte vorbereitet. IN den ersten zehn Bänden finden sich Listen von Bürgern der Region Krasnojarsk (5006 Personen), die aus politischen Gründen verhaftet und im weiteren Verlauf rehabilitiert wurden. Weitere zwei Bände enthalten Angaben über 9188 in der Region Krasnojarsk enteignete Großbauern-Familien (in jeder Bauern-Familie gab es nicht weniger als 5 Personen). Die Arbeit über entkulakisierte Bauern hat gerade erst begonnen; daher wird die genannte Zahl sich noch um ein Vielfaches erhöhen. Außerdem hat das Informationszentrum der Haupt-Verwaltung des MWD für die Region Krasnojarsk entsprechend dem Gesetz „Über die Rehabilitierung von Opfern politischer Repressionen“ N° 1781-1 vom 18. Oktober 1991, mehr als 550000 Bescheinigungen über die Rehabilitierung von Sondersiedlern ausgegeben, die ihre Verbannung in der Region Krasnojarsk verbüßten.

Es ist notwendig, die Meinung dieser mehr als 600000 Personen zu berücksichtigen, wenn die Entscheidung über die Aufstellung bzw. Nicht-Aufstellung der Büste getroffen wird. Jeder der Geschädigten war ein lebendiger Mensch, der sein eigenes Schicksal besaß. In dem Buch sind nicht nur biographische Daten, sondern auch Fotografien dieser Menschen veröffentlicht. Bitte lesen Sie, bevor sie Ihre Entscheidung treffen, diese Informationen durch, schauen Sie in die Augen dieser Menschen, deren Fotos im Schlussteil der Bücher abgebildet sind. Wir drängen darauf, dass alle Mitglieder der Kommission sich vor der Sitzung mit diesen Büchern vertraut machen, und dass sich diese Bücher während der Sitzung der Kommission an einer gut sichtbaren Stelle im Sitzungssaal befinden.

Hochachtungsvoll
Der Vorstandsvorsitzende der Krasnojarsker
„Memorial“-Organisation für Geschichtsaufklärung
und Menschenrechte
Aleksej Babij

20.03.15 Erörterung eines Denkmals für Stalin (Bedarew – Babij) im TV-Kanal Jenissej (Fragment)

19.03.15 Thema des Tages – ein Denkmal für Stalin. TV-Kanal Afontowo

19.03.15 Brief des Vorsitzenden der Krasnojarsker „Memorial“-Organisation an das Oberhaupt der Verwaltung der Region Krasnojarsk

Krasnojarsker „Memorial“-Organisation für geschichtliche Aufklärung und Menschenrechte
660049, Krasnojarsk, Postfach 25491, Tel. 8-913-521-95-81, E-Mail: memorial@maxsoft.ru, memorial.krsk.ru

Postausgang 15-005 vom 19.03.2015

An das Oberhaupt der Verwaltung der Stadt Krasnojarsk
E.Sch. Akbulatow

Sehr geehrter Edcham Schukrijewitsch!

In Krasnojarsk geistert wieder einmal die Idee von der Aufstellung einer Stalin-Büste herum. Vor zehn Jahren kam diese Frage schon einmal auf, und die Entscheidung war eindeutig – sie wird nicht aufgestellt.

Jetzt steht die Frage erneut auf der Tagesordnung. Wir vermuten, dass es sich dabei um ein politisches Spiel handelt, das mit dem Sieg im Großen Vaterländischen Krieg nichts zu tun hat, und das im Wesentlichen auf eine politische Public Relations-Aktion abzielt. Allerdings zwingt die Situation uns dazu, an unsere Argumente von vor zehn Jahren zu erinnern. Sie haben sich nicht geändert.

Sollte die Büste dennoch aufgestellt werden, könnten sich die Folgen als äußerst negativ erweisen. In der Stadt gibt es sowohl heiße Verehrer des Stalinismus, als auch unversöhnliche, streitbare Gegner. Das Denkmal würde zur Quelle ständiger politischer Spannungen – Demonstrationen von Anhängern und Gegnern, Zusammenstöße, Aktionen von Vandalismus; so etwas brauchen wir in unserer Stadt nicht.

Laut Angaben der Hauptverwaltung des MWD der Region Krasnojarsk und der Regionalverwaltung des FSB Russlands in der Region Krasnojarsk beläuft sich die Zahl der Opfer der Repressionen in der Region auf hunderttausende. Darunter befinden sich 12000 Krasnojarsker, die in den Jahren 1937-1938 nach den Limit-Regelungen erschossen wurden, die Stalin eigenhändig unterzeichnete.

Die Opfer des Stalinismus, die in der Region leben, hielten eine derartige Verewigung für eine Kränkung und Verunglimpfung. In der Stadt darf kein Denkmal errichtet werden, welches imstande wäre, irgendjemanden, ganz egal wen, zu beleidigen.

Die Aufstellung einer Büste wird einen irreparablen Image-Schaden für Krasnojarsk mit sich bringen. Es ist beispielsweise nicht ausgeschlossen, dass dies die Durchführung der Universiade in Frage stellen könnte.

Die Aufstellung einer Büste wird auch Ihnen einen irreparablen Schaden zufügen. Wir möchten aufrichtig nicht, dass Sie in der Geschichte der Stadt der Bürgermeister werden, der für Stalin ein Denkmal errichtet hat.

Wir nehmen an, dass Sie auch so unsere Argumente teilen und das Errichten eines Stalin-Denkmals nicht zu Ihren Plänen gehört. Allerdings könnte der Druck seitens der Befürworter erheblich sein. Wir hoffen, dass Sie diesem Druck nicht nachgeben werden.

Wir hoffen auf Ihre staatliche Weisheit.

Hochachtungsvoll
Der Vorstandsvorsitzende der Krasnojarsker
„Memorial“-Organisation für Geschichtsaufklärung
und Menschenrechte
Aleksej Babij


 

02.06.05. Wir erhielten die offizielle Antwort aus der krasnojarsker Regionalverwaltung. Es wird in Krasnojarsk kein Stalin-Denkmal geben. Man hat diese Absicht für unzulässig erklärt. Wir sind mit dieser Entscheidung zufrieden. Die Aktion „In Krasnojarsk kein Platz für den Mörder“ ist damit beendet.

KOMITEE   

der Krasnojarsker Regional- 
Verwaltung für Nationalitäten-
Religions- und gesellschaftliche
Vereinigungsfragen  

 

660009, Stadt Krasnojarsk, ul. Lenina, 123
Fax: (391-2) 21-36-36
E-mail: denisov@krasmail.ru
Tel. 21-36-36, 21-35-89, 21-17-89

An den Vorsitzenden der Krasnojarsker
Gesellschaft für Geschichtsaufklärung,
soziale Fürsorge und Menschenrechte
 „Memorial“

A. A. Babij

30.05.2005 No. 06/234

Ihr Zeichen No. 2-9637 vom 25.04.05

Errichtung eines J.W. Stalin-Denkmals

Sehr geehrter Alexej Andrejewitsch!

Nachdem Sie sich bezüglich der Vorbereitungen für die Erichtung eines I.W. Stalin-Denkmals in der Stadt Krasnojarsk an den Gouverneur der Region, A.G. Chloponin, gewandt haben, teilen wir Ihnen folgendes mit. Die Leiter der Verwaltungsorgane der Region sowie der Stadt Krasnojarsk haben unter Berücksichtigung der von den Bewohnern der Region äußerst uneinheitlich bewerteten Tätigkeiten J. W. Stalins die Entscheidung über die Nichtzulässigkeit der Errichtung eines Stalin-Denkmals getroffen. Die Position des Gouverneurs der Region zu dieser Angelegenheit wurde sowohl in den regionalen als auch in den rußlandweiten Massininformationsmitteln mehrfach dargelegt.

 Stellvertretende Vorsitzende des Komitees                              I.G. Gorodnowa

  

Sowohl die regionalen wie auch die städtischen Behörden haben ihren Standpunkt dargelegt. Wie es scheint, wird es in der Stadt weder ein Denkmal noch eine Büste Stalins geben. Ganz und gar sicher ist das allerdings nicht:
  • es handelte sich lediglich um mündliche Äußerungen, die bislang nicht schriftlich bestätigt wurden. Auch wir haben bislang keine einzige Antwort auf irgendeinen unserer Briefe erhalten;
  • die Äußerungen wurden mit dem Vorbehalt: „wird es VORERST nicht geben“, „MÖGLICHERWEISE nur in Gesellschaft mit den Büsten andere Heerführer“, usw., gemacht;
  •  die Kommunisten machen keine Anstalten, den Kampf aufzugeben: wo sollen sie jetzt auch den ganzen Kubikmeter Bronze lassen?

Wir beobachten daher die Situation aufmerksam weiter, setzen die Sammlung von Unterschriften fort und sind zu äußerst entschlossenem Handeln bereit – solange, bis wir vollständige Sicherheit darüber erhalten haben, daß unsere Stadt nicht durch die Verewigung eines Mörders geschändet wird.


I'll be back?

 06.05.05

Öffentliche Erklärung der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“

Der Gouverneur der Region, Alexander Chlopotin, hat öffentlich angekündigt, dass in naher Zukunft weder ein Stalin-Denkmal noch eine Stalin-Büste in der Stadt aufgestellt werden. Er verwies dabei auf die Entscheidung der Stadtbehörden. Der Text dieses Beschlusses ist uns nicht bekannt, aber wir sind froh, dass der vernünftige, gesunde politische Gedanke die Oberhand gewonnen hat.

Zur Zeit hoffen die Kommunisten darauf, die Entscheidung der Verwaltung noch ändern zu können. Sie haben heute ein Treffen zur Präsentation der Büste veranstaltet, die auch in der Markowskij-Straße, ganz in der Nachbarschaft Lenins, aufgestellt wurde. Die Konflikte, die während der Präsentation entstanden, zeugen davon, dass Stalin das Symbol für Spaltung und Opposition ist.

„Memorial“ erklärt noch einmal: „Es wird keinen Stalin geben!“

03.05.05

Heute um 16.00h findet im Haus der Wissenschaft und Technik ein Briefing zum Thema der Aufstellung eines Denkmals und einer Büste Stalins in Krasnojarsk statt: „Der Bürgermeister schweigt, aber wir werden nicht schweigen!“

Die Krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“ und die Krasnojarsker Vereinigung von Opfern unrechtmäßiger politischer Repressionen führt eine Unterschriftensammlung gegen die Errichtung eines Stalin-Denkmals in Krasnojarsk durch. Unterstützt die Aktion!

Sind Sie emport uber die Handlungsweise der Stadtverwaltung? Dann sagen Sie es den Burokraten!

Fax-Mitteilungen konnen Sie schicken an: (8-3912) 222-512
E-mails an: webmaster@admkrsk.ru
Protest-Telegramme an:
660049, Stadt Krasnojarsk, ul. Karla Marksa, 93, Stadtverwaltung Krasnojarsk


I'll be back?
be back?

27.04.05 In den Nachrichten von Kanal 7 haben wir ein wundersames Bild gesehen. Aber wir konnten es nicht glauben, bevor wir uns mit eigenen Augen davon überzeugt hatten. So sieht nämlich der der Gwardejsker Park heute aus:


Vergleichen Sie es mit dem, wie es am vergangenen Samstag dort aussah 

 
Es ist getan – nun kannst Du gehen!

Die Frage – „was war das?“ – könenn man abhaken. Die zweite Frage – „wer war das?“ bleibt offen. Wir hoffen, daß Petr Iwanowitsch Pimaschkow den Krasnojarskern das Bild erklären und entsprechende Maßnahmen ergreifen wird.

Die Unterschriftenaktion wird fortgesetzt. Sie wird jetzt von unseren freiwilligen Helfern „vor Ort“ geleitet.

26.04.05    14.00h

Erklärung der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“

Der Öffentlichkeitsausschuß der Stadtverwaltung hat mit 14:1 Stimme empfohlen, das Stalin-Denkmal nicht auf einem öffentlichen Platz mitten in der Stadt aufzustellen. Die Hauptmotive für diese Entscheidung – der unversöhnliche Widerstand der städtischen Gemeinschaft gegenüber der Figur Stalins und die Angst vor möglichen Unruhen. Eine prinzipielle Einstellung zu Stalin konnte die Kommission nicht geben, und als Zugeständnis an die Kommunisten hielt sie die Aufstellung einer Büste des Generalissimus im Ruhmes-Pantheon für möglich.

Ja, damit ist eines der Probleme gelöst: der Ausgangspunkt für Konfrontationen und Konflikte ist praktisch beseitigt. Die Behörden haben ihre Probleme gelöst. Aber wie steht es mit der tiefen Verletzung der Gedühle der Repressionsopfer? Wie steht es mit der Meinung der vielen Bürger, die die Errichtung eines Denkmals prinzipielle nicht befürworten? Es spielt doch keine Rolle, wo, in welcher Art und Qualität ein Stalin-Denkmal aufgestellt wird. Entscheidend ist, daß das Image unserer Stadt jetzt mit dem Namen Stalins in Zusammenhang gebracht wird. Unabhängig davon, ob die Büste in einem geschlossenen oder offenen Gebäude steht, wird die ganze Welt erfahren, daß man in Krasnojarsk eine Stalin-Büste aufgestellt hat.

Wir verwehren uns entschieden gegen die Errichtung einer Stalin-Büste in Krasnojarsk.

Der Vorstand der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“

26.04.05    11.00h

Die Unterschriftensammlung gegen die Errichtung eines Stalin-Denkmals wird fortgesetzt.

Reaktionen der Massenmedien:

26.04.05    8.30h

Den ganzen Tag lief neben dem Bürgermeisteramt eine Unterschriftensammlung. An ihr nahmen Aktivisten der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“ sowie der krasnojarsker Vereinigung von Opfern rechtswidriger politischer Repressionen teil.

Die Interschriftenaktion wird heute und morgen fortgesetzt.

Auf einer Sitzung der Stadtverwaltungskommission wurde eine Kompromißentscheidung gefällt: eine Stalinbüste wird aufgestellt, aber nicht auf einem öffentlichen Platz, sondern in einem Gebäude, im Ruhmes-Pantheon. Ja, damit wäre eines der Probleme gelöst: der Ausgangspunkt für Konfrontationen und Konflikte ist damit praktisch beseitigt. Aber wie sieht es mit den zutiefst verletzten Gefühlen der Repressionsopfer aus? Es spielt doch keine Rolle, wo, in welcher Art und Qualität ein Stalin-Denkmal errichtet wird. Es spielt eine Rolle, daß es überhaupt aufgestellt wird. Es bedeutet, daß das Image unserer Stadt jetzt mit dem Namen Stalins in Zusammenhang gebracht wird. Unabhängig davon, ob die Büste auf einem öffentlichen Platz oder in einem Gebäude steht, wird die ganze Welt erfahren, daß man in Krasnojarsk eine Stalin-Büste errichtet hat. Ist das nötig?

25.04.05 09.30

Ausgehender Brief

05-013 vom 25.04.2005

                                                                       An den Gouverneur der Region Krasnojarsk
                                                                       A.G. Chloponin

Betr.: Errichtung eines Stalin-Denkmals

Sehr geehrter Alexander Gennadewitsch!

In Krasnokarsk sind die Vorbereitungen zur Errichtung eines Stalin-Denkmals in vollem Gange. Darüber berichten sowohl die lokalen, als auch die ausländischen Massen-informationsmittel (Zusammenfassung s. ..\..\index.htm). Die von den Behörden ausgegebenen Informationen zielen auf eine Irreführung der Bürger ab, die ganz bewußt von dem Prozeß einer äußerst kritischen politischen Entscheidung ferngehalten werden. 

Wir werden hier kein Urteil über die Rolle Stalins in der Geschichte des Landes aussprechen. Wir sind aber davon überzeugt, dass Sie derzeit im Begriff sind, sich wegen des vorliegenden Themas auf scharfe Kontroversen einzulassen, die in der Gesellschaft bereits am Gären sind.

Wir sind sehr besorgt über die negativen Folgeerscheinungen, die entstehen können, wenn Krasnojarsk als Stadt berühmt wird, die Stalin anbetet.

In der Stadt gibt es ebenso hitzige Anhänger des Stalinismus (in erster Linie Kommunisten), wie auch unversöhnliche Gegner. Das Denkmal kann zum Anlaß für Konfrontationen und Konflikte werden. Politische Kundgebungen unterschiedlicher Art, Akte von Vandalismus sind so gut wie unausweichlich. Ist es notwendig, sie zu provozieren, indem man dafür den Boden schafft? Irgendwelchen Kräften wird das vielleicht auch ganz gelegen kommen. Aber auf die schöpferischen Aktivitäten, die in der Region gerade ihren Lauf nehmen, kann sich das nur störend auswirken.

Das Image und die Autorität von Krasnojarsk leiden darunter, wenn man der politischen Tendenz und den Absichten der Investoren nicht die gebotene Beachtung beimißt, sondern die Dinge stillschweigend laufen läßt..

In der Region leben heute 26000 Opfer politischer Repressionen. Ein erheblicher Teil in unserer Lager-Region sind – Abkömmlinge von Repressionsopfern. Sollte nicht auch Ihnen die Entstehungsgeschichte des Norilsker Kombinats bekannt sein? Die Resolution der Konferenz der Opfer politischer Repressionen (vom 04.04.05) sieht die Errichtung eines Stalin-Denkmals als eine tiefe Kränkung an. Es darf nicht sein, dass man bei der Verfolgung politischer Ziele derartige Gefühle aufkommen läßt und Menschen in solcher Weise verletzt.

Der Verweis der Kommunisten auf die Forderungen der Veteranen und die 60-Jahr-Feier des Sieges sind eine – Hinterlist. Für die Kommunisten ist dies ein Mittel, um ihre taktischen Aufgaben zur Rückkehr an die Macht zu lösen. Eine politische Rehabilitierung Stalins – das ist ein Schritt zur Rechtfertigung kommunistischer Handlungen auf ganzer Ebene.

Ja, laut Gesetz können Sie keine Entscheidung über diese Frage treffen. Aber Sie besitzen Autorität, sehr geehrter Herr Politiker, und das nicht nur hier in der Region, sondern auch in Rußland. Ihre Meinung besitzt ein großes Gewicht. Wir appellieren an Sie, Ihren Standpunkt zu diesem Problem öffentlich und in aller Klarheit zu äußern.

Hochachtungsvoll,
der Vorsitzende der krasnojarsker Gesellschaft für
Geschichtsaufklärung, Menschenrechte und
soziale Fürsorge „Memorial“                                                               A.A. Babij

24.04.05 - 12.50h

„Die Bürgermeisterei hat diese Frage bereits entschieden“

Oleg Schenin in einem Interview mit Radio „Swoboda“: das Stalin-Denkmal wird im Bahnhofsbezirk neben dem Operetten-Theater errichtet.

"Wladimir Kara-Mursa: Oleg Semenowitsch, Sind die heutigen Machtorgane in Krasnojarsk fähig, einen Prozeß der Wiederherstellung und Errichtung von Stalin-Denkmälern einzuleiten?

Oleg Schenin: In Krasnojarsk wird ein Denkmal aus Bronze errichtet, es wurde bereits gegossen. Es soll im Bahnhofsbezirk neben dem Operetten-Theater stehen. Die Stadt-Bürgermeisterei hat diese Frage bereits entschieden. Ihre Gesprächspartnerin benutzt recht häufig das Wort „Bestie“. Ich verstehe es so, dass sie damit meint, unser Volk sei eine Bestie, und daß es mit der schöpferischen Intelligenz nicht mehr weitergeht. Dazu sage ich, dass sich mehr Bestien denn je gerade unter uns befindet. Jene, die am Weißen Haus standen, die haben das Land auch dazu gebracht, dass es vier Millionen obdachlose, verwahrloste Kinder, Rauschgiftsucht, Prostitution und ähnliches gibt."

                                               HTTPS://www.svoboda.org/ll/grani/0405/II.041205-1.asp

Weshalb weiß Oleg Semenowitsch Schenin davon, aber Petr Iwanowitsch Pimaschkow – nicht?

Wir verlangen eine offizielle Bestätigung, dass die Stadtverwaltung im Bahnhofsbezirk keinen Platz für die Errichtung eines Stalin-Denkmals zugewiesen hat.

24.04.05 10.00

Wir erhielten die Information, dass im Stadtteil Selenaja Roschtscha nicht nur ein Platz für das Stalin-Denkmal zugewiesen wurde, sondern dass dort bereits das Fundament fertiggestellt ist. Wir hoffen, dass dies nicht der Fall ist und hier kein Stalin-Denkmal geplant ist: hätte man denn eine solche Entscheidung treffen können, ohne davon vorher dem Bürgermeister Kenntnis zu geben, der uns doch versichert hat, dass diese Frage überhaupt noch nicht erörtert worden ist?

Oder bauen hier die Kommunisten ein Denkmal, ohne die notwendige Erlaubnis von der Verwaltungsbehörde erhalten zu haben? Wohin schaut denn der Staatsanwaltschaft in einem solchen Fall?

Zerstreuen Sie unsere Befürchtungen, Herren Tschernych und Tschepischko: geben Sie uns die Bestätigung, dass auf den Fotografien NICHT das Fundament für ein Stalin-Denkmal abgebildet ist. Dafür wären wir Ihnen sehr dankbar.

Die Krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“ führt eine Unterschriftensammlung gegen die Errichtung eines Stalin-Denkmals in Krasnojarsk durch: sie beginnt am Montag, dem 25. April, um 10.00h neben der Stadtverwaltung. Unterstützt die Aktion!

23.04.05

Sehr geehrte Krasnojarsker!

Man versucht in unserer Stadt ein Stalin-Denkmal zu errichten. Wir halten dies für eine Aktion der Kommunistischen Partei , die zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele sowohl die Kriegsveteranen wie auch die Stadtverwaltung benutzt.

Die städtischen Behörden machen mit den Kommunisten gemeinsame Sache. Erst nachdem wir an die Öffentlichkeit gegangen sind, stellte sich in einem Interview W.M. Tschernychs, der den Posten des Amtsvorstehers für Sozialpolitik bekleidet, heraus, dass bereits ein Ort für das Denkmal  zugewiesen wurde. Unterdessen, zu genau derselben Zeit, versicherte das Stadtoberhaupt P.I. Pimaschkow, dass die Frage in der Stadtverwaltung überhaupt nicht genauer betrachtet worden ist. Einer von ihnen sagt die Unwahrheit, und es ist nicht unwichtig zu erfahren – wer. Wesentlich ist, dass man versucht uns hinters Licht zu führen und den Beschluß klammheimlich durchzuziehen.

Wir bemerken an dieser Stelle, dass gleichzeitig mit der Errichtung des Stalin-Denkmals in der Abteilung für Sozialpolitik eine weitere Initiative heranreift. Der Leiter der Abteilun W.W. Kuimow ist der Meinung, dass sich in der Stadt viel zu viele Denkmäler zu Ehren der Opfer politischer Repressionen breitmachen und schlägt deshalb vor, nur ein einziges davon stehenzulassen – den „Kettenweg“, der sich auf dem Predmostaja-Platz befindet, ein Denkmal für Kommunisten und Revolutionäre. Jegliche Kommentare sind hier überflüssig.

22.04.05

Erklärung der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“

Wie uns bekannt geworden ist, befindet sich unter den geplanten Maßnahmen für die Planung der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Sieges auch ein Punkt, nach dem ein Stalin-Denkmal errichtet werden soll. Diese Entscheidung, die eine große öffentlich-gesellschaftliche Bedeutung besitzt, wurde in aller Heimlichkeit getroffen. Zu den Sitzungen der Kommissionen, die diese Initiative erörtert haben, wurden keine Vertreter der Öffentlichkeit eingeladen. Die Bürger wurden über den sich anbahnenden Beschluß nicht informiert.

Daher sehen wir uns gezwungen, uns mit Hilfe der Masseninformationsmittel an das Stadtoberhaupt zu wenden, um ihm auf diese Weise unseren Standpunkt zu verdeutlichen


Sehr geehrter Petr Iwanowitsch!

Ihnen steht derzeit eine Entscheidung über die Errichtung eines Stalin-Denkmals in der Stadt Krasnojarsk bevor.

Falls ein solches Denkmal tatsächlich errichtet wird, können sich daraus äußerst negative Folgen ergeben. In der Stadt gibt es ebenso hitzige Anhänger des Stalinismus (Kommunisten, eingefleischte Nationalisten, Deklassierte), wie auch unversöhnliche Gegner. 26000 Opfer des Stalinismus, die in der Region leben, hielten eine derartige Verewigung für eine schwere Kränkung (Resolution der Konferenz der krasnojarsker Vereinigung der Opfer politischer Repressionen im Anhang). Das Denkmal darf in der Stadt nicht aufgestellt werden, niemand darf dadurch dermaßen verletzt werden.

Das Denkmal wird eine Quelle ständiger politischer Spannungen darstellen. Massenversammlungen von Fürsprechern und Gegnern, Konflikte, Akte von Vandalismus – so etwas brauchen wir in unserer Stadt nicht.

Krasnojarsk hat bislang ein vorteilhaftes, anerkennendes Image auf der Karte Rußlands besessen. Es lohnt sich nicht, in dieser politischen Frage Eile walten zu lassen und nachher einen schwerwiegenden Fehler zu begehen.

Sie haben persönlich sehr viel für die Stadt getan. Ihr Name ist mit zahlreichen würdigen, lobenswerten Gebäuden und Anlagen verbunden. Und wir möchten ganz aufrichtig nicht, dass sie eines Tages in der Stadtgeschichte mit Stalin in Zusammenhang gebracht werden, den ein erheblicher Teil der Bürger für den Henker des Volkes hält.

Wir erachten es für notwendig, Ihnen folgendes mitzuteilen. Das krasnojarkser „Memorial“ verfügt über leistungsfähige Informationsmöglichkeiten und große Autorität in der russischen Öffentlichkeit.

Wir hoffen in dieser Angelegenheit auf Ihre Staatsweisheit.

Hochachtungsvoll,
der Vorsitzende der krasnojarsker Gesellschaft
für Geschichtsaufklärung, Menschenrechte und wohltätige Zwecke
„Memorial“                                                                             A.A. Babij


Anlagen